Ausstellung wirkt wie Buchillustration
Johann Gottfried Schadow (1764 - 1850) ist vor allem bekannt als Schöpfer der Quadriga auf dem Brandenburger Tor und der Prinzessinnengruppe. Weniger bekannt ist, dass er auch ein feinsinniger Satiriker und politischer Karikaturist mit im Wortsinn spitzer Feder war.
Neun Arbeiten aus einer Privatsammlung zeigen Schadow im Museum Reinickendorf als Humanisten, der die Befreiungskriege von 1812 bis 1815 als brutales Schlachten wahrnahm, und die Motive dafür in Eitelkeit und Machtstreben sah. Auf den Bildern gehen sehr genau gezeichnete Uniformierte aufeinander los, die bildhaft für die verschiedenen europäischen Mächte stehen. Obszöne Gesten und groteske Körperhaltungen machen nicht nur einzelne Staatsmänner lächerlich, sondern hinterfragen auch den Sinn der Kriege.
Zu der Ausstellung passt das gerade erschienene Buch "1815 - Napoleons Sturz und der Wiener Kongress" des englischen Autors mit polnischen Wurzeln, Adam Zamoyski. Er hatte schon vor zwei Jahren mit "1812 - Napoleons Feldzug in Russland" einen historischen Bestseller gelandet. In seinem jetzt erschienen 704-Seiten-Werk beleuchtet er vor allem die diplomatischen Verwicklungen jener Zeit. Auf eine Fülle von Dokumenten gestützt, schildert er die oft in sich widersprüchlichen Charaktere der handelnden Personen, die Staatsmänner waren und, oft genug ungewollt, eine ganze Kette von Staatskrisen auslösten.
Zamoyskis Werk hat für den Leser den Vorteil, dass der verwendete Quellenreichtum den Lesefluss nicht stört. Der Autor schreibt in essayistischem Stil, in den Anmerkungen verweist er nur formal auf seine Fundstücke. Was für jeden Doktoranden vernichtend wäre, trägt hier zum Vergnügen einer fundierten Geschichtslektüre bei. Die Karikaturen von Schadow im Museum Reinickendorf können wie Illustrationen von Zamoyskis Text gesehen werden.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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