Drei Ausstellungen, ein Thema
Das Bezirksmuseum Reinickendorf beschäftigt sich mit Facetten der Kolonialgeschichte
Die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands ist zu einem vielseitig diskutierten Thema geworden. Reinickendorf leistet dazu jetzt mit einer Dreifach-Ausstellung einen Beitrag.
Nicht alles, was dabei erörtert, gefordert und postuliert wird, ist dabei zielführend, manches sogar verquer. Vor allem, wenn versucht wird, koloniale Verbrechen mit denen der Nazis gleichzusetzen. Das bedeutet ein Relativieren des Holocaust. Dass es noch Lücken in der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte gibt und noch immer viel Unwissenheit, das ist ebenfalls unbestritten.
Mit gleich drei Ausstellungen, die das Thema aus verschiedenen Richtungen beleuchten, leistet das Bezirksmuseum jetzt einen Beitrag zur Aufklärung. Sie sind ab 1. Dezember bis zum 18. Februar 2024 in der GalerieEtage des Museums in Alt-Hermsdorf 35 zu sehen. Zudem kann während der Ausstellungsdauer eine Installation im Museumsgarten besucht werden. Dass der Kolonialismus auch auf lokaler Ebene Spuren hinterlassen hat, zeigt die Ausstellung „Koloniale Spuren in der Industriegeschichte Reinickendorfs“. Sie basiert auf Ergebnissen des berlinweiten Forschungs- und Aufarbeitungsvorhabens „Kolonialismus begegnen“, an dem sich auch das Bezirksmuseum beteiligt.
Das Gebiet des heutigen Reinickendorf war bereits zur Kaiserzeit ein bedeutender Industriestandort. Hier ansässige Unternehmen waren Teil des damals globalen Handels. Er umfasste auch und gerade die kolonisierte Welt. Auf welche Weise dies geschah und mit welchen Konsequenzen, wird in der Schau erklärt.
In der allgemeinen Debatte zum Kolonialismus geht es häufig um geraubte oder erbeutete Kunstwerke und andere Güter, die sich bis heute zum Beispiel in deutschen Museen befinden. Auch um die oft unterschiedliche Betrachtung mancher Exponate. Das ist das Thema der Ausstellung „Interventionen“. Sie zeigt Objekte, die sich im Besitz des Bezirksmuseums befinden und die im kolonialen Zusammenhang vorgestellt und neu betrachtet werden. Herauskommen sind dabei multiperspektivische Ansichten, die auch als digitaler Rundgang abrufbar sind.
Bei der dritten und eigentlich Hauptausstellung steht die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus im Mittelpunkt. Unter dem Titel „Narben der Erinnerung“ werden Werke von Tina Born, Lizza May David und Nadia Kaabi-Linke gezeigt. Themen sind Erinnerung, Wissen, Vergessen, Machtverhältnisse und Ungleichheit. Von Tina Born stammt auch die Installation „Kommissar Sonnenschein“ (Der Türöffner) im Museumsgarten. Sie verweist auf die Pazifikinsel Nauru und ihre koloniale Übernahme durch das Deutsche Kaiserreich.
Drei Ausstellungseröffnungen, mit Begleitprogramm, GalerieETAGE im Museum Reinickendorf, Alt-Hermsdorf 35, 13467 Berlin, Öffnungszeiten: Mo bis Fr/So 9 bis 17 Uhr, www.museum-reinickendorf.de.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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