Mit 70 Jahren ein Startup gegründet
Vor 13 Jahren wurde die heute 83-jährige Gisela-Elisabeth Winkler Unternehmerin
Der Raum, in dem Gisela-Elisabeth Winkler ihr Unternehmen steuert, gleicht einem x-beliebigen Arbeitszimmer. Erst auf den zweiten Blick fallen Torso von Anziehpuppen auf, die mit Unterhosen, Slips und Unterhemden bekleidet sind.
Die Kleidungsstücke haben eine Besonderheit. Sie lassen sich per Klettverschluss mühelos öffnen und schließen. Das war Gisela-Elisabeth Winklers Idee und ist ihre Geschäftsgrundlage.
Die heute 83-Jährige hat 2010 die Firma saba Wäsche gegründet. Damals war sie 70 Jahre alt. Partnerin im Unternehmen wurde ihre Schwester Sigrid Ladig (81), die in München lebt. Die gelernte Schneiderin formte die Modelle nach den Vorstellungen von Gisela-Elisabeth Winkler.
Die Idee, eine solche Wäsche zu entwerfen und zu vermarkten, entwickelte sich aus der Erkrankung ihres Mannes an Demenz. Parallel dazu habe es ein Verhärten seiner Gliedmaßen gegeben. Ein Arm ließ sich kaum noch bewegen. Ihm allein ein Unterhemd überziehen brauchte Zeit, Kraft und war häufig nur mit weiterer Hilfe zu schaffen. „Ich habe mir gedacht, das muss doch auch einfacher gehen“, erzählt Gisela-Elisabeth Winkler. Sie suchte im Internet nach pflegekompatibler Unterwäsche, informierte sich in Fachgeschäften und Sanitätshäusern und fand – nichts. Dabei sei das Prinzip doch so einfach, wundert sie sich noch heute. Aber meist würden ja Neuheiten und wirkliche Fortschritte auf einem ganz simplen Prinzip basieren. Das galt auch für den Klettverschluss.
Gisela-Elisabeth Winkler ließ sich ihre Idee patentieren und wurde in einem Alter, in dem sich andere Menschen zur Ruhe setzen, zur Gründerin eines Startups. In ihrem vorherigen Berufsleben war sie in der Redaktion einer Fachzeitschrift für Mathematik tätig und hat das Fach auch einst studiert. Der rationale Umgang mit dem Lösen von Problemen scheint ihr deshalb nicht fremd zu sein. Aber das Leben als Unternehmerin bedeutete eine ganz neue Herausforderung.
Zunächst musste eine Produktionsstätte gefunden werden. Sie wurde im sächsischen Erzgebirge entdeckt, wo die Unterwäsche seither hergestellt wird. Den Vertrieb organisiert die Inhaberin aus ihrem Büro mit den Anziehpuppen. Bestellungen annehmen, Ware verpacken, abschicken. Die Order gehen online ein. Wer die Spezialwäsche braucht, hat zumeist wie einst Gisela-Elisabeth Winkler zuvor vergeblich im Internet gesucht.
Rund 300 Kundenwünsche erfüllt sie pro Jahr. Während der Hochzeiten von Corona wären es weitaus weniger gewesen, weil viele Operationen wegen der Pandemie abgesagt wurden. „Kurzfristig sind wir deshalb auf die Produktion von Stoffmasken umgestiegen. Vor inzwischen knapp drei Jahren galt der Mund-Nasen-Schutz eine Weile als Goldstaub.“ Das änderte sich, als Masken massenhaft vorhanden waren.
Der Umsatz, den ihr Unternehmen erziele, decke die Kosten, sagt Gisela-Elisabeth Winkler. Einen Gewinn habe es noch nie abgeworfen. Daher möchte sie, dass die Firma wächst und neue Interessenten erschlossen werden. Aktuell verhandle sie mit der GKV, dem Dachverband der Kranken- und Pflegekassen, dass ihre Ware als Pflegehilfe anerkannt wird. Ihr Wäschesortiment entlaste die Mitarbeiter in den Pflegeheimen. Zudem will sie neue Zielgruppen erreichen. Als ein Beispiel nennt die saba-Chefin leicht anzulegende Bekleidung für kleine Kinder.
In Fachkreisen hat das Produkt schon lange einen Namen. Noch vor dem Geschäftsstart gab es 2008 die Goldmedaille bei der Ideen- und Erfindermesse IENA in Nürnberg. Im vergangenen Jahr war Gisela-Elisabeth Winkler eine der drei Erstplatzierten beim Zugabe-Preis der Körber-Stiftung. Damit werden Gründerinnen und Gründer der Generation 60plus ausgezeichnet. Der Preis ist mit 60 000 Euro dotiert.
Mehr Informationen zur Firma gibt es im Internet auf www.saba-waesche.de, unter Telefon 40 53 60 20 oder per E-Mail an service@saba-waesche.de.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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