Das Leben lässt sich gut mit links meistern
Zwischen Genie und Tolpatsch
Seit dem Jahr 1976 gilt der 13. August international als der Tag der Linkshänder. Er macht ein Thema öffentlich, dem sonst eher weniger Aufmerksamkeit zuteil wird. Diese möchte auch Martina Neumann-Ploschenz in ihrer Lerncoaching Praxis an der Schrambergerstraße 28 mit zwei Veranstaltungen herstellen.
So mancher Linkshänder fühlt sich in seinem Leben abwechselnd als Genie oder Tolpatsch. Martina Neumann-Ploschenz hat dieses Auf und Ab in der eigenen Biografie erfahren. Als kleines Kind hat sie viel mit der linken Hand gemalt, ein typisches Zeichen für Linkshändigkeit. In der Schule wurde dann das Schreiben mit Rechts gefordert. „Ich fühlte mich wie eingegipst“, beschreibt sie das Gefühl in der rechten Hand, die den Füllhalter führen sollte. Dann hatte sie das Glück, dass sie bald auf eine Lehrerin traf, die sie nicht zur Rechtshänderin umerziehen wollte. Sie durfte mit der linken Hand schreiben, die Schrift wurde immer besser und der gefühlte Gips verschwand aus der Vorstellungswelt des Mädchens.
Im Handballverein
wurde sie zum Star
Trotzdem galt die Schülerin immer wieder als Tolpatsch. Martina Neumann-Ploschenz schildert eine typische Situation: „Im Restaurant werden Gläser und Tassen rechts vom Teller hingestellt. Greift man mit der linken Hand danach, streift man schnell über das Essen auf dem Teller.“ Ein anderes Beispiel: „Öffnet man eine Tür mit der linken Hand, verstellt man eventuell einem Gast den Weg.“ Andererseits: Martina Neumann-Ploschenz fand schnell den Weg zu einem Handballverein, und da war sie bald der Star der Mannschaft. Gegen ihre linken Würfe kamen gegnerische Spielerinnen nur schlecht an, sie kam bis in die Berliner Auswahlmannschaft.
Gerade erst hat Martina Neumann-Ploschenz einen Baumarkt intensiv durchstreift. Fazit: „Die Kettensäge muss man immer noch mit rechts anwerfen.“ Dass es spezielle Linkshänderscheren gibt, hatte die gebürtige Kladowerin, die seit 15 Jahren in Frohnau lebt, schon in ihrer ersten Ausbildung zur Industriekauffrau erfahren. Jetzt gibt es eine neue Entwicklung: „Je teurer die Geräte, desto eher sind sie so konstruiert, dass sie sich auch für Linkshänder optimal einrichten lassen.“ Neumann-Ploschenz schmunzelt ein wenig darüber, dass ausgerechnet die Waffenindustrie für dieses Thema besonders sensibel ist: „Das G36-Sturmgewehr der Bundeswehr können Rechts- wie Linkshänder problemlos nutzen.“
Linkshänder sind noch immer
etwas anders
Linkshändigkeit wird heute in Kitas und Schulen eigentlich immer toleriert, und doch können Linkshänder immer noch unter Depressionen oder Legasthenie leiden. Auch ohne offiziellen Zwang gilt die Rechtshändigkeit immer noch als Regel. Greifen in einer Kita-Gruppe zehn Kinder mit der rechten Hand zum Spielzeug, kann sich das elfte Kind immer noch bestürzt fragen, warum es anders ist. Und nicht immer trifft es dann auf Erzieher oder Lehrer, die das Kind ermutigen, sein Leben mit links zu organisieren.
Gerade erst wurde Martina Neumann-Ploschenz von einer jungen Frau angerufen, die eine Ausbildung zur Mechatronikerin macht. Sie ist stolz darauf, sich in einem Beruf zu bewähren, der noch immer als Männer-Domäne gilt. Und doch hat sie Schwierigkeiten beim Löten. Der Arbeitsplatz ist immer noch für einen Rechtshänder ausgelegt. Räumt sie ihn für ihre Bedürfnisse um, muss sie sich anhören, dass „das Mädchen schon wieder länger als die anderen braucht“.
Handwerk sollte ausdrücklich
um Linkshänder werben
Martina Neumann-Ploschenz ist überzeugt, dass Linkshänder reflektierter durchs Leben gehen als Rechtshänder. Sie müssen sich mit Problemen auseinandersetzen, die letztere erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennen. Genau das kann zu intelligenten Lösungen führen. „Warum wirbt ein Handwerksbetrieb nicht ausdrücklich mit dem Hinweis, dass ihm auch Linkshänder als Mitarbeiter willkommen sind“, macht Martina Neumann-Ploschenz einen Vorschlag, wie die eine oder andere dringend benötigte Fachkraft für die Wirtschaft gewonnen werden könnte.
In welchem Zahlenverhältnis Links- und Rechtshänder stehen, ist schwer zu sagen. Schätzungen variieren zwischen zehn bis dreißig Prozent Linkshändern. Sicher ist, dass die Prägung vor der Geburt stattfindet und dann natürlich auch das Funktionieren des Gehirns prägt.
Wer sich für die Linkshändigkeit interessiert, ist bei den beiden Vortragsterminen willkommen. Die finden an den Sonnabenden 10. und 17. August jeweils um 11 Uhr in der Lerncoaching Praxis von Martina Neumann-Ploschenz an der Schlamberger Straße 28 statt. Fragen dürfen gestellt werden. Die Teilnahme ist kostenlos, es wird nur um Anmeldung per E-Mail unter info@lernlustcoaching.de gebeten.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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