Engagement lässt nach, aber nicht der Spaß
Der kam vor allem beim Formel-1-Rennen auf. Dabei platzierten die Kinder ihre Trainer und Betreuer auf Rollbrettern und schoben sie im Wettstreit durch die Halle. Außerdem kletterten die Kinder über bis zu 2,40 Meter hohe Kästen. Und natürlich gab es das "Große Wuseln". Dabei stellen sich alle Mannschaften in eine Ecke der Halle, sodass alle vier Ecken gleichmäßig gut mit Kindern gefüllt sind. Dann laufen alle gleichzeitig los, um die jeweils andere Ecke der Halle zu erreichen. Das führt dazu, dass in der Mitte der Halle viele Kinder aufeinanderprallen. Beim zweiten Durchlauf müssen sich dann jeweils zwei Kinder an die Hand und dürfen nicht loslassen, was das Ganze erheblich erschwert. Später muss sogar die gesamte Mannschaft geschlossen Richtung gegenüberliegende Hallenecke loslaufen. Dann ist das Wusel-Chaos perfekt. Anschließend wird aber auch noch Handballspiel gespielt.
"Bei uns ist jedes Kind, das mitmacht, ein Sieger", sagte Bettina Strohscheer-Mies, stellvertretende Abteilungsleiterin der SG, und begründet damit die Tatsache, dass bei den Handballturnieren in den verschiedenen Altersklassen auf Platzierungen verzichtet wurde. Insgesamt waren 53 Mannschaften aus Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern dem Ruf der SG gefolgt, bei einem der größten Turniere für die "kleinsten" Handballer deutschlandweit mitzumachen.
Doch wer nun denkt - alles prima. Der irrt. "Wir mussten auch in diesem Jahr wieder feststellen, dass das Engagement von vielen Eltern nachgelassen hat", sagte SG-Jugendwartin Antje Bottke, die von Beruf Lehrerin an der Charlie-Chaplin-Grundschule im Märkischen Viertel ist. Viele Eltern hätten mittlerweile zu große Erwartungen an Vereine und an die Schule. "Unser Mitgliedsbeitrag im Monat in der SG beträgt zwölf Euro. Rechnet man das auf die Trainingszeiten und Spiele um, kostet eine Betreuungsstunde etwa 1,50 Euro. Die Erwartungen vieler Eltern stehen dazu in keinem Verhältnis", so Bottke weiter. Den Verantwortlichen der SG sei natürlich bewusst, dass viele Eltern immer mehr arbeiten müssten, um über die Runden zu kommen. "Uns als Sportverein würde es doch schon genügen, wenn jeder Einzelne auch nur ein bisschen mehr Zeit - im Sinne des eigenen Kindes - opfern würde."
Vermutlich ist das fehlende Engagement der Eltern auch ein Grund dafür, dass berlinweit die Zahlen der Kinder, die Handball spielen, zurückgegangen sind. "Vielleicht ist es auch die Schule, die die Kinder immer länger an sich bindet, vielleicht die fehlende Bereitschaft der Eltern, die Kinder zum Training zu bringen", spekulierte Bettina Strohscheer-Mies. Der Verein müsse jedenfalls immer mehr Anstrengungen unternehmen, um die Kinder zu erreichen. "Wir müssen an unser Überleben denken. Schließlich sind in Reinickendorf Handballvereine wie Humboldt und die Bären bereits von der Bildfläche verschwunden, weil sie keinen Nachwuchs mehr hatten", berichtete die stellvertretende Abteilungsleiterin der SG. Fakt sei aber auch: "Der Bewegungsdrang, die Lust der Kinder zum Spielen und zum Toben, Sport zu treiben, ist - wie man heute auch wieder sehen kann - ungebrochen."
Autor:Michael Nittel aus Reinickendorf |
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