Überraschende Ankündigung der Grünen-Baustadträtin
Schildower Straße soll Fahrradstraße werden
Reinickendorfs Baustadträtin Korinna Stephan (Grüne) hielt sich bis zum Ende der Veranstaltung bedeckt. Erst am Ende ihres Schlussstatements fiel der entscheidende Satz. Beim geplanten Umbau der Schildower Straße „werden alle Vorkehrungen getroffen, um sie zu einer Fahrradstraße zu machen.“
Die Aussagen der Stadträtin fielen am 29. November beim „Runden Tisch zur Verkehrssituation im Raum Berlin-Hermsdorf und Glienicke/Nordbahn“ in der Alten Halle in Glienicke. Die Ankündigung zur Schildower Straße war die wichtigste Nachricht an diesem Abend. Die Bezeichnung „Runder Tisch“ passte nicht wirklich, denn es handelte sich eher um eine Bürgerversammlung. Geplant war das ursprünglich etwas anders.
Der Runde Tisch wurde im Sommer 2021 eingerichtet und tagte damals zum ersten und bis zum 29. November 2022 einzigen Mal. Ausgangspunkt waren die Verkehrsprobleme vor allem im Grenzbereich zwischen Hermsdorf und Glienicke im Waldseeviertel. Der Durchgangsverkehr, vor allem über die Schildower Straße, ist vielen ein Dorn im Auge. Ihn allerdings einzudämmen, ist nicht ganz einfach. Und Reinickendorf allein kann das Problem auch nicht lösen. Deshalb kamen am Runden Tisch zunächst der Bezirk, Glienicke und weitere Gemeinden, der Landkreis Oberhavel, Vertreter aus den jeweiligen Parlamenten und der Bürgerinitiativen zusammen. Nach dem ersten Treffen wurde von vier Brandenburger Kommunen und Reinickendorf ein „Interkommunales Verkehrskonzept Niederbarnimer Fließlandschaften“ erarbeitet. In Berlin ist seither der Fahrradwegeplan vorgelegt worden. Beides könne „übereinandergelegt werden“, so Korinna Stephan zu Beginn der Veranstaltung.
Dass seine Gemeinde nicht untätig geblieben ist, hob Glienickes Bürgermeister Dr. Hans Günther Oberlack (FDP) hervor. Die Gemeinde hat auf eigene Kosten einen Busbetrieb eingerichtet, der den Ort mit Hermsdorf und Frohnau verbindet, sobald die aktuellen Bauarbeiten beendet sind.
Einen Konsens gab es darüber, dass bessere Radverbindungen geschaffen werden müssen. Schwieriger wurde es bei der Frage, welche Qualität sie haben sollen sollen. Die Bürgerinitiative „offene Nachbarschaft“ wehrt sich gegen „Sperrungen durch die Hintertür“, wozu sie auch Fahrradstraßen zählen. Es müsse „akzeptable Alternativen statt Verbote“ geben. Die Gegenposition vertrat Prof. Karl Michael Ortmann und die Bürgerinitiative für mehr Verkehrsberuhigung. Er kämpft schon lange für Sperrungen, etwa in Form von Modalfiltern, um den Durchgangsverkehr aus dem Gebiet fernzuhalten. Die Verkehrsberuhigung beziehe sich außerdem auf das gesamte Waldseeviertel, betonte Ortmann, und nicht nur auf die Schildower Straße. Ein Verlagern auf andere Straßen im Quartier werde ebenfalls abgelehnt. Genau dies befürchtet wiederum die Initiative gegen den Durchgangsverkehr im Waldseeviertel, die sich mit dem Gedanken an eine Fahrradstraße anfreunden kann.
Was aber wird dann mit dem Autoverkehr. Genau diese Frage stand danach im Mittelpunkt. Wenn die Schildower Straße zur Fahrradstraße werde, würden die Autofahrer andere Straßen suchen und auch die ohnehin stark befahrene Bundesstraße 96 weiter belasten, hieß es. Nicht jeder sei eben für die Fortbewegung per Zweirad geeignet, befand eine Frau. Und mit öffentlichen Verkehrsmitteln würden die Wege weitaus länger dauern als mit dem Pkw. Manche Transporte und Dienstleistungen wie Arztbesuche ließen sich für viele Menschen nur motorisiert erledigen. Der Verkehr im Waldseeviertel müsse beruhigt werden, betonte auch der CDU-Bezirksverordnete Niklas Graßelt. Die Frage wäre aber, ob eine Fahrradstraße dafür der richtige Weg sei. „Wir wünschen uns ein offenes Vorgehen.“
Die Befürworter einer Fahrradstraße wiesen immer wieder auf die Sicherheit gerade von Kindern hin. Sie wurde zum Beispiel auch durch Mathias Adelhoefer vom Verein Changing Cities oder Heiner von Marschall, Landesvorsitzender des VCD Nordost (Verkehrsclub Deutschland) vertreten. Insgesamt überwog unter den rund 50 Besuchern die Ansicht, das Projekt Fahrradstraße sollte in Angriff genommen werden, wenn vielleicht auch zunächst nur als temporärer Versuch für drei oder sechs Monate.
Eine Idee, von der Korinna Stephan nicht so viel hielt. Ihre Begründung für die Fahrradstraße hatte bereits zuvor der Grüne-Bezirksverordnete Andreas Rietz nahezu wortgleich formuliert. Es gehe dabei nicht darum, den Autoverkehr zu verlagern, sondern ihn zu Gunsten anderer Verkehrsmittel zu reduzieren. Ein Problem müsse aber noch ausgeräumt werden, bevor die Schildower Straße zur Fahrradstraße werden könne, erklärte die Stadträtin. Durch die Straße führt auch eine Buslinie, über die mit der BVG geredet werden müsse.
Wann es mit dem Runden Tisch weitergeht, steht noch nicht fest. Er solle aber auf jeden Fall fortgesetzt werden, hieß es. Ob noch vor oder erst nach der Wahlwiederholung in Berlin und in welchem Format sind dabei noch die zu klärenden Fragen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.