Training im Livestream und mit selbst gebauten Puppen
Die Judoabteilung des PSV Olympia Berlin zeigt sich kreativ in der Corona-Krise

Isabelle Giehler und Milan Schnitzler sind seit 2008 Mitglied im PSV Olympia Berlin und absolvieren dort derzeit ihren Bundesfreiwilligendienst. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Isabelle Giehler und Milan Schnitzler sind seit 2008 Mitglied im PSV Olympia Berlin und absolvieren dort derzeit ihren Bundesfreiwilligendienst.
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Wie können Sportvereine ihre Mitglieder an sich binden, wenn sich über viele Monate keine Gruppen zum Trainieren treffen dürfen? Auf diese Frage musste auch der PSV Olympia Berlin eine Antwort finden. Die Judoabteilung stellte mit viel Aufwand ein Live-Training auf die Beine und bewies auch darüber hinaus Kreativität.

Deren Leiter Martin Rumpf (44) kennt da einen Motivationstrick. Am besten lassen sich Judokämpfer seiner Auskunft nach mit der Vorbereitung auf die nächste Gürtelprüfung zum Training motivieren. Als Übungspartner braucht es noch nicht einmal jemanden aus Fleisch und Blut. „Wir haben einfach eine Bauanleitung für eine Judopuppe zur Verfügung gestellt“, sagt Rumpf, der bereits seit 1983 Vereinsmitglied ist. Von 2006 bis 2012 war er sogar Landestrainer. Damals leitete er im Sportforum Hohenschönhausen einige der besten deutschen Judokämpfer an. Heute kümmert er sich um den Breitensport und die etwa 1000 Mitglieder starke Judoabteilung des PSV Olympia.

Die Pandemie hat für den Verein Folgen gehabt. Es habe zwar nicht spürbar mehr Austritte als sonst gegeben, doch die Neuzugänge blieben aus. Normalerweise wirbt der PSV jedes Jahr in den ersten Klassen um Nachwuchs. Mit 15 Schulen gibt es Kooperationen, wonach die Sporthallen nach dem Unterricht genutzt werden dürfen. Allein rund 230 Neumitglieder können auf diese Weise allein aus Treptow-Köpenick jedes Jahr gewonnen werden. Seit dem Corona-Ausbruch ist das aber nicht mehr möglich. Auch für die hauptamtlich tätigen Trainer hatte die Pandemie Konsequenzen. Sie bekamen Kurzarbeitergeld. Zum Glück, sagt Martin Rumpf, seien sie im Verein sparsam und hätten immer gut gewirtschaftet. Für Mitglieder, die den Verein verlassen wollten, sei die Kündigungsfrist auf drei Monate heruntergesetzt worden.

Ab September, so hofft der Abteilungsleiter, soll die Rückkehr zum normalen Trainingsbetrieb erfolgen. Bis es so weit ist, werden die ausbleibenden Gruppentrainings digital überbrückt. Im vergangenen Jahr wurde begonnen, Trainingsvideos vorzuproduzieren. „Anfangs haben wir jede Woche neu ein Trainingsprogramm von 25 Minuten aufgenommen und auf YouTube gestellt“, berichtet Rumpf. Auf der vereinseigenen Internetseite wurden außerdem Rätsel, Puzzle, eine Osterrallye und Minispiele hochgeladen. Der Verein sollte so zu einem größeren Teil der Freizeit werden. „Die Eltern haben sich auch immer bedankt, dass wir uns da so eine Mühe geben“, blickt er zurück. Nach einiger Zeit aber sei dann ein wenig die Luft rausgewesen. „Irgendwann setzt sich einfach keiner mehr vor den Bildschirm und trainiert. Im Dezember haben wir entschieden, dass wir live gehen.“ In der Geschäftsstelle am Groß-Berliner Damm 80 musste deshalb ein großer Schreibtisch einer Judomatte Platz machen. Eine Kamera und Scheinwerfer wurden aufgestellt, das Training fortan im Livestream durchgeführt. Per Videokonferenz wurden die Mitglieder zugeschaltet und die Bilder in der Geschäftsstelle mit einem Beamer an die Wand projiziert, sodass die Trainer auch direkt Anweisungen geben konnten.

Besonders ins Zeug legten sich Isabelle Giehler (20) und Milan Schnitzler (19), die derzeit ihren Bundesfreiwilligendienst im Verein absolvieren. Beide sind bereits seit 2008 beim PSV aktiv. Milan Schnitzler, der inzwischen eine Trainer-C-Lizenz vom Deutschen Judo-Bund vorzuweisen hat, kam durch seinen Bruder zum Judo. Isabelle Giehler wurde über die Schule auf den Sport aufmerksam und machte eine Kampfrichterlizenz. Sie stehen regelmäßig auf der Matte, machen Übungen vor und korrigieren, falls nötig. Martin Rumpf ist voll des Lobes über seine jungen Kollegen. „Die beiden sprechen die Sprache der Kinder“, sagt er. „Isabelle macht außerdem einmal die Woche eine PowerPoint-Präsentation über die Geschichte des Judos, Wettkampfregeln, Werte und Prinzipien.“

Mit Abwechslung und Spaß schaffte es der Verein, seine Sportler auch die Wintermonate über zu unterhalten. Jetzt, da die Beschränkungen nach und nach gelockert werden, wächst aber schon die Vorfreude, sie alle auch wieder persönlich statt auf dem Bildschirm zu sehen.

Weitere Infos zum Verein auf judo.psv-olympia.eu.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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