Grüne Höfe ade? Geplante „Nachverdichtung“ im Wohnviertel Ilsestraße beunruhigt Anwohner
Karlshorst. Mit Bedacht hatten die Veranstalter das geräumige Audimax der Hochschule für Technik und Wirtschaft in der Treskowallee gewählt, denn ein Ansturm war zu erwarten. Am 31. Mai stellten die Howoge und das Bezirksamt Lichtenberg dort die Pläne für das Bauprojekt „Wohnanlage Ilsestraße“ vor. Aber nicht nur der Andrang war groß, sondern auch der Ärger.
„Hier wird ja gar nicht mehr diskutiert, ob gebaut wird, sondern nur noch wie“, schimpfte ein Anwohner - und war mit seinem Unmut nicht allein. In der Tat hatte Howoge-Geschäftsführerin Stefanie Frensch gleich zu Beginn der Veranstaltung deutlich gemacht, dass an der so genannten Nachverdichtung der Wohnanlage Ilsestraße nicht zu rütteln sei. Erboste Zurufe aus dem Publikum parierte sie mit Zahlen: „Sie leben in einem schönen Ensemble mit Mieten, die im Schnitt 2,50 Euro unter vergleichbaren Angebotsmieten privater Eigentümer liegen. 80 Prozent der Berliner haben weder das, noch den Mietschutz, den wir bieten. Die Stadt braucht bezahlbaren Wohnraum, das geht nicht ohne Verdichtung!“
Zum Hintergrund: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge ist Eigentümerin der Wohnanlage Ilsestraße 18-78. Im Karlshorster Ensemble, das sich durch seine ruhige Lage und nahezu parkähnliche Innenhöfe auszeichnet, will die Howoge etwa 200 zusätzliche Wohnungen inklusive einer Kindertagesstätte und einem Blockheizkraftwerk errichten. Das Bezirksamt hat deshalb im Oktober vergangenen Jahres beschlossen, das Bebauungsplan-Verfahren 11-125 „Wohnsiedlung Ilsestraße“ einzuleiten. Dessen Ergebnis soll festlegen, wie und in welchem Maße verdichtet wird. Am Ende des Verfahrens – das länger als zwei Jahre dauern kann - entscheidet die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) über die Festsetzung des B-Plans. Erst dann kann das Bezirksamt den Beschluss fassen.
Die Infoveranstaltung am 31. Mai war ein erster Schritt zur „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“, die ein Bebauungsplanverfahren gesetzlich vorschreibt. Birgit Monteiro (SPD), Stadträtin für Stadtentwicklung, wies wiederholt darauf hin, dass sich der Bezirk genau aus diesem Grund für das langwierige Prozedere entschieden habe. „Die Anwohner möchten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, sagte Monteiro. „Sie möchten einbezogen werden, und das wollen wir auch. Deshalb stellen wir heute Varianten der Bebauung vor, denn wir sind mit den Plänen noch ganz am Anfang.“
Mit ihrem Vorschlag, die vier aktuell vorliegenden Varianten in kleinen Gruppen zu diskutieren, stießen die Veranstalter zunächst auf wenig Begeisterung. Schließlich ließ sich das Gros der Leute aber darauf ein. Doch egal, welcher Entwurf, die geäußerten Sorgen wiederholten sich: So fürchten Anwohner den Verlust von Lebensqualität und Spielplätzen, monieren eine zu erwartende Verschattung ihrer Balkone und fragen sich angesichts von bis zu 1000 neuen Nachbarn: Wohin mit all den Autos? Parkplätze sind bereits jetzt Mangelware.
Wenn überhaupt, schienen sich einige Besucher nur mit Variante 1 anfreunden zu können: Der Entwurf sieht eine Blockrandbebauung vor und ließe die Innenhöfe in Frieden. Ausgerechnet dieses Modell haben die Planer bereits verworfen – mit der Begründung, die Frischluftschneisen nicht schließen zu wollen. Norman Wolf, Vorsitzender der Linken in der BVV, sagte, seine Fraktion favorisiere genau diese Variante. Mehr noch: „Allen anderen würden wir nicht zustimmen.“
Auf Vorschlag der Stadträtin soll nun ein Runder Tisch helfen, einen Kompromiss zu finden. Das Gremium wird paritätisch mit 15 Interessenvertretern besetzt, unter anderem wollen Mitglieder der Bürgerinitiative „Rettet den Ilsekiez“ ein Wörtchen mitreden. Das erste Treffen ist für Freitag, 14. Juli, geplant. bm
Interessierte können den B-Plan-Entwurf bis zum 23. Juni in der Abteilung Stadtentwicklung, Soziales, Wirtschaft und Arbeit in Alt-Friedrichsfelde 60, Haus 2, Zimmer 1210A eingesehen und sich äußern: montags bis mittwochs von 8 bis 16 Uhr, donnerstags von 8 bis 18 Uhr, freitags von 8 bis 13 Uhr.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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