Streitfall Staffelgeschosse
Linksfraktion lehnt Bebauungsplan für die Parkstadt ab / SPD spricht von unverantwortlichem Verhalten
Mit der Parkstadt Karlshorst sollen am Blockdammweg mehr als 1000 Wohnungen entstehen – der Anteil an Wohnraum fürs schmale Budget sei aber zu gering, kritisieren die Lichtenberger Linken. Die Fraktion hat in der Oktobertagung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) den Bebauungsplan für die Parkstadt abgelehnt. Die SPD-Verordneten verließen daraufhin aus Protest die Sitzung.
Zankapfel sind die Staffelgeschosse. Konkret geht es darum, ob die zurückversetzten und im Grundriss kleineren Dachetagen bei der Berechnung des Anteils an Sozialwohnungen eine Rolle spielen sollen. Ja, findet die Linksfraktion. Bei einem Nein bleibt bislang der Investor der Parkstadt, der Projektentwickler Bonava Wohnbau GmbH.
Als Hintergrund: Das sogenannte Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung verpflichtet Investoren seit 2014, neben sozialer Infrastruktur auch eine bestimmte Zahl an mietpreisgebundenen Wohnungen zu schaffen. Seit November 2018 sollen es 30 Prozent sein, vorher waren es 25. Die städtebaulichen Verträge für die Parkstadt wurden vor den aktuell gültigen Maßgaben im Sommer 2018 geschlossen und die Staffelgeschosse außer Acht gelassen. Die Linksfraktion pocht daher auf Nachverhandlungen.
„Warum sollten ausgerechnet diese besonders teuren Wohnungen nicht mitzählen?“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Linken, Norman Wolf. „Das ist doch absurd, auch wenn es sich um eine Kann-Bestimmung handelt.“ Auf immerhin 35 bezahlbare Wohnungen würde der Bezirk verzichten, hat seine Fraktion errechnet und dem B-Plan für die Parkstadt eine Absage erteilt. Die Vorlage fand somit keine Mehrheit in der BVV.
Es geht auch um Kita-und Schulplätze
Die SPD sieht nun das ganze Vorhaben Parkstadt in Gefahr. Sie beruft sich auf den Stadtentwicklungsausschuss der BVV, aus dem die Empfehlung kam, dem betreffenden B-Plan zuzustimmen. Die Linksfraktion habe sich „überraschend gegen den Bau von 1148 Wohnungen, darunter 252 Sozialwohnungen, entschieden“, heißt es in einer Stellungnahme der Sozialdemokraten. Der Fraktionsvorsitzende Kevin Hönicke wirft den Linken ein „unverantwortliches Verhalten“ vor, weil es auch um dringend benötigte Kita- und Schulplätze gehe.
Eigentlich hatten sich Linke und SPD nach den Kommunalwahlen 2016 darauf verständigt, bei wichtigen Bauvorhaben im Bezirk einvernehmlich zu entscheiden – diese Zusammenarbeit ruht nun erst einmal. „Wenn wir als Koalition im Land Berlin die Mieten deckeln, dürfen wir nicht gleichzeitig die Bautätigkeit in Lichtenberg einstellen“, sagt die Kreisvorsitzende der SPD, Lichtenbergs Stadträtin für Stadtentwicklung, Birgit Monteiro. „Das wäre eine Bankrotterklärung.“ Die Dezernentin hat an die Linken appelliert, ihre Position zu revidieren.
Preise wie in Berlin-Mitte
Doch die beharrt darauf, die Verträge anzupassen. „Die Hälfte der geplanten Wohnungen in der Parkstadt wird als Eigentum zu Preisen um die 4000 Euro pro Quadratmeter verkauft, das erreicht fast das Niveau von Berlins Mitte“, verteidigt Norman Wolf das Veto. „Da sollte die Anrechnung der Staffelgeschosse doch für den Investor machbar sein.“ Dass die Parkstadt vor allem sehr zahlungskräftigen Menschen gewidmet sei, habe seine Partei zudem schon im Wahlkampf 2016 moniert. „Überraschen sollte unser Abstimmungsverhalten also niemanden.“
Ob es beim für 2020 geplanten Baustart zwischen Blockdammweg, Trautenauer Straße und Hönower Wiesenweg bleibt, ist nun fraglich. Bonava kann erst beginnen, wenn die BVV den B-Plan abgesegnet hat. Nicht nur Wohnungen, auch Infrastrukturmaßnahmen hängen davon ab. So hat der Investor angekündigt, nach der Festsetzung des Bebauungsplans ein Grundstück auf dem rund 17 Hektar großen Areal an das Land Berlin zu übertragen. Dort soll eine dreizügige Grundschule mit rund 430 Plätzen entstehen. Sie könnte einen Teil des Bedarfs aus dem benachbarten Seen- und Prinzenviertel mit decken. Geplant ist ferner eine neue Kita für circa 130 Mädchen und Jungen, und entlang des Blockdammwegs sollen Gewerbe- und Einzelhandelsflächen entstehen, die auch der Nahversorgung der eingesessenen Bewohner dienen. Nicht zuletzt hat die Senatsverwaltung für Verkehr in Aussicht gestellt, mit Entstehen des neuen Wohnviertels in Karlshorst die Tramtakte dort zu verdichten oder sogar eine völlig neue Linie einzurichten.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.