Zwischen Kartoffeln, Kräutern und Kohlköpfen: Gartenarbeitsschule ist 50 Jahre alt

Auch wie nützlich Bienen, Ameisen und Käfer sind, lernen Kinder.
11Bilder
  • Auch wie nützlich Bienen, Ameisen und Käfer sind, lernen Kinder.
  • hochgeladen von Berit Müller

Können Blumen schlafen? Wie gedeihen Kräuter am besten, und was lässt sich mit ihnen anfangen? Wann erntet man Kartoffeln, Kürbisse, Kohlköpfe? Wenn Großstadtkinder auf diese Fragen Antworten wissen, ist das nicht zuletzt den Gartenarbeitsschulen zu verdanken. Den Lichtenberger Lernort in der Trautenauer Straße 40 gibt es seit einem halben Jahrhundert.

Gut 10 000 Quadratmeter misst das grüne Refugium - und Sigrid Meyer kennt nicht nur jeden Winkel, sondern vermutlich auch jedes einzelne Gewächs. Kein Wunder: Seit 1984 kommt sie tagein tagaus in die Lichtenberger Gartenarbeitsschule, die damals noch Zentralschulgarten hieß. „Gleich nach dem Studium habe ich hier angefangen“, erzählt die diplomierte Gartenbaupädagogin und Leiterin des grünen Lernorts.

Der ist an diesem sonnigen Frühlingstag besonders gut besucht. Mit einem Tag der offenen Tür, mit vielen kleinen und großen Gästen feiert das Team den 50. Geburtstag der Einrichtung. Die Geschichte des Geländes reicht sogar bis ins Jahr 1900 zurück; einige der heute noch vorhandenen Gewächshäuser stammen aus dieser Zeit. Das Grundstück an der Trautenauer Straße gehörte einst der Familie Koch, die dort jahrzehntelang eine Gärtnerei betrieb.

In den 1960er-Jahren befand sich in der nahe gelegenen Massower Straße ein Zentralschulgarten, der aber einem Neubauprojekt weichen sollte. Der Rat des Stadtbezirks Lichtenberg beschloss, die Gärtnerei Koch zu kaufen, um die Schülerbeete dorthin umzusiedeln. Im April 1968 war der Handel perfekt. Der Kaufpreis für das Gelände mit 12 600 Quadratmetern Nutzfläche, sechs Gewächshäusern und einem Wohngebäude betrug 85 000 Mark. Im Laufe der Zeit gab es einige Umbauarbeiten, Ende der 1960er-Jahre auch einen Flächenaustausch mit dem Maschinenbauhandel nebenan. Im Zuge dessen wurde der Eingang von der Schenkestraße in die Trautenauer Straße verlegt. 1992 entstand aus dem Zentralschulgarten die Gartenarbeitsschule Karlshorst.

Natur für Großstadtkinder erlebbar zu machen, nicht irgendwo weit draußen, sondern mitten in Berlin, das ist die Aufgabe der Gartenarbeitsschulen. 14 Einrichtungen mit über 40 Hektar Fläche gibt es in der Stadt. Ihre Angebote sind vielfältig und gehen über Gartenarbeit weit hinaus. In erster Linie richten sie sich an Schulklassen und Kitagruppen; kleine Berliner mit grünem Daumen dürfen aber auch allein vorbeischauen, wenn geöffnet ist. „Wir haben hier einige Kinder, die regelmäßig zu uns kommen“, sagt Sigrid Meyer. „Die brauchen wir auch nicht mehr anzuleiten, sie wissen schon genau Bescheid, was zu tun ist.“

In der Trautenauer Straße können Mädchen und Jungen nicht nur säen, pflanzen, Unkraut jäten und je nach Jahreszeit Erdbeeren, Birnen oder Äpfel pflücken. „Umweltbildung zum Anfassen“ lautet die Devise – im Nutz- und Naturgarten, im Erlebnis-, Duft-, Tast- oder Biotopgarten. Auf anschaulichen Infotafeln erfahren Kinder, welche Blumen zu welcher Tageszeit blühen. Sie lernen Wissenswertes über Bienen, Käfer, Pilze, Igel, Eichhörnchen und andere Waldbewohner. Kartoffeln und Möhren werden nicht nur geerntet, sondern auch zu Speisen verarbeitet, die sich die kleinen Besucher anschließend schmecken lassen.

Basteln mit Naturmaterial und Seminare zur gesunden Ernährung stehen auch auf dem Programm. Schulklassen kommen an Projekttagen zu einem bestimmten Thema, erkunden den Garten zu unterschiedlichen Jahreszeiten oder feiern gemeinsam mit den Eltern Feste unter freiem Himmel. Wer mag, kann sich für ein Praktikum anmelden, um herauszufinden, ob das Gärtnern als Beruf infrage kommt. Nicht zuletzt halten die Gewächshauser und Kräuterbeete eine große Auswahl an Setzlingen für Schulbeete und Zimmerpflanzen bereit. Schulen und Kitas aus dem Bezirk können sich kostenlos bedienen. Sigrid Meyer zeigt eine der neuesten Anschaffungen: ein kompaktes Hochbeet samt Glasdach, in dem schon Salat, Bohnen und Kohlpflänzchen in rasantem Tempo heranwachsen.

„So etwas können sich auch Schulen zulegen, die keinen eigenen Garten haben“, erklärt die Pädagogin. „Wir geben gern Infomaterial mit und zeigen, wie’s funktioniert.“ Zwischen 5000 und 6000 Kinder besuchen die Gartenarbeitsschule im Jahr, aktuell vorwiegend Kitagruppen und Grundschulklassen.

Wenn der Senat seine Zuwendungen für die grünen Lernorte erhöht – was geplant ist – will die Lichtenberger Bildungsstätte perspektivisch auch Projekte für Oberschüler anbieten. Die GAS in der Trautenauer Straße 40 ist montags, dienstags, mittwochs und freitags von 7 bis 14 Uhr sowie donnerstags von 7 bis 16 Uhr geöffnet. Nach Anmeldung sind auch Besuchstermine außerhalb dieser Zeiten möglich.

Kontakt unter 509 96 28 und per E-Mal an gartenarbeitsschule-lichtenberg@gmx.de
Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 133× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 798× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 124× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.