Charmant mit "arschfreien Jäckchen" - Retrospektive eines Künstlers

Hat sich durch die Zeit gezeichnet und ist ein großer Karikaturist: Peter Muzeniek. | Foto: Wrobel
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Karlshorst. Mehr als eine Chronik der Zeitgeschichte sind die Karikaturen des Zeichners Peter Muzeniek. Einen Einblick in sein Gesamtwerk der politischen Karikaturen seit 1990 gibt die Ausstellung im Kulturhaus Karlshorst.

"Ich bewundere Angies arschfreie Jäckchen", sagt Peter Muzeniek in bewusst pikiertem Ton, dabei fasst er sich kokett an den Saum seiner eigenen Jeansjacke. Die Christdemokratin Angela Merkel gehört schon lange zu den liebsten Motiven des Satirikers, nicht nur wegen ihrer mittlerweile berühmten Kasten-Anzüge. Wenn Muzeniek zum Zeichenstift greift, um die Politikerin zu karikieren, zieht er ihr meistens ein ganz anderes Kostüm über: 1991 steckte er sie in das luftige Kleid von Marilyn Monroe, das in Billy Wilders Film "Das verflixte 7. Jahr" zur Ikone wurde. In einer Zeichnung aus dem Jahr 2012 steht Merkel wiederum in einem ausgeschnitten T-Shirt da, unter das sogar noch der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy passt und verschmitzt herauslugt. Eine ganz enge Freundschaft, ist eine Lesart dieser Karikatur. "Der Betrachter entscheidet, was er in meinen Zeichnungen sieht", sagt Muzeniek knapp.

Vom 2. September bis zum 30. Oktober sind rund 50 Zeichnungen des Künstlers und Satirikers nun in einer Ausstellung im Kulturhaus Karlshorst in der Treskowallee 112 zu bestaunen. Zu sehen ist eine Auswahl des Oeuvres politischer Karikaturen nach der Wende. Scharf, aber charmant sind diese Betrachtungen der Zeitgeschichte. Sie sind mehr als bloß Chronik der politischen Geschehen und Persönlichkeiten. Sie geben Auskunft darüber, wie Politiker in den Zeitenwenden wahrgenommen wurden, welche Stimmungen in der Gesellschaft herrschten. "Ich sehe es als Übertreibung, Überzeichnung", sagt der Künstler. Im Überzeichneten ist jedoch immer das Körnchen Wahrheit enthalten, welches die Kunst der Satire ausmacht.

Präsident mit Diktatoren

Dabei sind Muzenieks Bilder noch weit mehr als ein satirisches Barometer der vergangenen dreißig Jahre: Vielfach lässt der Künstler auch Motive der Kunstgeschichte in seine Zeichnungen einfließen. Etwa wenn er den schlafenden US-amerikanischen Präsidenten George W. Busch von Diktatoren heimsuchen lässt – dann zitiert er die berühmte Grafik "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" des Spaniers Francisco de Goya aus dem 18. Jahrhundert.

Muzenieks aquarellierten und sorgsam ausgearbeiteten Federzeichnungen sind auch handwerklich eine Kunst: "Trotzdem muss zuerst die Idee da sein. Während des Zeichnens kommen immer mehr Details dazu", sagt er. Manchmal arbeitet er eine Woche lang an einem einzigen Blatt.

Die Liebe zum Zeichnen entdeckte der 1941 im heutigen Łódź (damals Litzmannstadt) geborene Muzeniek schon als kleiner Junge. Seine Mutter förderte den Sohn und schenkte ihm Kunst- und illustrierte Erzählungen, darunter die von Wilhelm Busch. Vor allem die allegorischen Illustrationen des Österreichers Fritz Hegenbart (1864-1943) weckten in ihm den Wunsch, Buchillustrator zu werden. Schon vor seinem Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig verdingte er sich als Karikaturist im Wehrdienst: Seine Witz-Zeichnungen waren in den Militärzeitschriften beliebt. Als Student stand er nicht zuletzt selbst als Kabarettist auf der Bühne. Seit den 1980er Jahren avancierte er schließlich zum ständigen Mitarbeiter der DDR-Satirezeitschrift "Eulenspiegel". "Erst nach der Wende hatte ich aber die Chance, mich satirisch zu steigern", resümiert der Künstler. KW

Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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