Ein Unermüdlicher feiert 80. Geburtstag
Günter F. Toepfer ist Autor, Stadtführer, politisch aktiv und engagiert sich seit vielen Jahren für die "Wolfskinder"
Er ist ein Karlshorster Urgestein, auch wenn er gar nicht in Karlshorst zur Welt kam. Günter F. Toepfer wohnt aber bereits seit 66 Jahren im Ortsteil und kennt dessen Geschichte so gut wie seine Westentasche.
Das belegte er bereits mit seinem Bestseller „Verliebt in Karlshorst“. Diesem Buch folgten bereits drei weitere „Verliebt in…“-Bücher, über Rummelsburg und Stralau, Friedrichshain und zuletzt Friedrichsfelde. Außerdem ist Günter Toepfer ein fachkundiger Stadtführer, der es versteht, seine Zuhörer zu fesseln. Gleiches gilt, wenn er über sein eigenes Leben spricht. In seinen nunmehr 80 Lebensjahren hat er unglaublich viel erlebt und sich über die Maßen auch für andere engagiert. Kein Wunder, dass er dafür mit hohen Auszeichnungen, wie dem litauischen Orden des Vytis-Kreuzes als Ritter, dem Polemerid-Orden Estlands und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.
Zur Welt kam Günter Toepfer in Magdeburg. Dort lebte er mit seiner Mutter, bis die Stadt im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Der Vater war an der Front. Und so zog die Mutter mit einem Handwagen und dem Nachwuchs los und landete bei Großeltern in Jena. Dort besuchte Günter Toepfer eine Knabenschule. Dann kam der Vater aus der Gefangenschaft zurück. Als Gutachter für Bauschäden war Toepfer Senior ein gefragter Mann. Man brauchte ihn in der Hauptstadt der DDR. Man wohnte fortan in Karlshorst. „Ich beendete hier meine Grundschulzeit und ging danach auf die Erweiterte Oberschule“, berichtet der Karlshorster.
Obwohl sein Vater ein Intellektueller und Günter Toepfer weder bei den Pionieren, noch in der FDJ war, durfte er in Weimar Bauingenieurwesen studieren. Doch dann wurde die Mauer gebaut. Der junge Mann wollte nach drüben. Er wurde verraten, kam nach Hohenschönhausen ins Stasi-Gefängnis. Man wollte ihn zu einer Kooperation zwingen. Toepfer blieb standhaft und ein salopper Spruch zu einem Vernehmer brachte ihm 192 Tage Isolationshaft ein.
Nach seiner Entlassung fand er zunächst keine Arbeit, nahm schließlich einen Hilfsarbeiter-Job an. Der später berühmt gewordene Rechtsanwalt Wolfgang Vogel nahm sich seiner an. Er stellte fest, dass der junge Mann als Student nie exmatrikuliert oder relegiert wurde. Und so durfte Toepfer sein Studium abschließen. Danach bildete er an der Ingenieurschule für Bauwesen Studenten aus. Dann zog es ihn in die Praxis. Er arbeitete als Oberbauleiter. Dann kam der Mauerfall. Günter Toepfer trat in die CDU ein. Bei den ersten Gesamtberliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus kandidierte er und wurde prompt gewählt. 1994 folgte eine zweite Wahlperiode. Doch das Verhältnis zur Politik seiner Partei wurde angespannter. Deshalb trat er 2016 aus. Aber er hegt keinen Groll gegen Politiker. Im Gegenteil. „Man kann politisch völlig anderer Meinung sein. Aber ich finde, man muss die menschliche Würde seines Gegenübers respektieren.“
Schulmöbel und Autos ins Baltikum geschafft
Um Würde ging und geht es Günter Toepfer auch bei seinem wohl wichtigsten Engagement. So gehörte er nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Litauens und Estlands von Russland 1990 zu den ersten deutschen Parlamentariern, die das Baltikum besuchten. Besonders engagiert er sich für die sogenannten Wolfskinder. 28 der heute um die 80-jährigen Frauen und Männer konnte Toepfer maßgeblich dabei helfen, ihre Identität zurückzuerlangen und Familienangehörige in Deutschland wiederzufinden. Außerdem half er finanziell. Auch hat er Mobiliar, das nach Schulschließungen nicht mehr benötigt wurde, nach Litauen transportiert, unter anderem 2500 Stühle, 1000 Doppeltische und fünf komplette Großküchen. Von der Berliner Polizei übernahm er in den 90er-Jahren 28 Fahrzeuge inklusive Ersatzteile, deren Transport er nach Estland organisierte. Dort übergab er die Autos an den Straßenrettungsdienst. Auch medizinische Hilfsgüter transportierte er nach Estland.
Der Karlshorster engagierte sich auch in Berlin. So rang er als Politiker dafür, dass das frühere Stasigefängnis in Hohenschönhausen nicht dem Verfall preisgegeben, sondern unter Denkmalschutz gestellt wurde und eine Gedenkstätte entstand.
Auch mit 80 Jahren fühlt sich Toepfer noch fit. Es wurmt ihn allerdings, dass er „seine“ Wolfskinder seit Beginn der Pandemie leider nur einmal statt der üblichen viermal im Jahr besuchen konnte. „Ich hoffe, dass ich im Frühjahr meine nächste Reise antreten kann“, ist ein Wunsch des Jubilars.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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