Barmherzige Marienschwestern
Erinnerungen an das St. Antonius-Krankenhaus
Vor 95 Jahren fand das Richtfest für eines der seinerzeit modernsten Krankenhäuser Berlins statt: das St. Antonius-Krankenhaus an der Köpenicker Allee/Rheinpfalzallee.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Krankenhausgelände von den Russen besetzt, berichtet der Karlshorster Günter F. Toepfer. Erst vor 30 Jahren ging es wieder an die Marienschwestern zurück, die das Krankenhaus einst betrieben. Heute befindet sich auf dem Areal zum einen die Katholische Hochschule für Sozialwesen, zum anderen das Seniorenstift St. Antonius.
An die Geschichte des St. Antonius-Krankenhauses erinnert Günter F. Toepfer in diesem Monat. An seiner Gartentür an der Lehndorffstraße 32 hängt ein Brett, auf dem der Karlshorster jeden Monat eine Übersicht mit Ereignissen aus der Geschichte des Ortsteils gibt. Im Juni ist sein Thema das Krankenhaus.
„Die Kongregation der in Breslau gegründeten Marienschwestern wollten in den 1920er-Jahren ein modernes Krankenhaus mit Krankenpflegeschule in Berlin einrichten“, berichtet Toepfer. „Der damalige Kurator Dr. Pollak, er war bereits todkrank, scheute keine Anstrengungen, um das Haus fertigzustellen.“ So kauften die Marienschwestern 18 Morgen Land in Karlshorst von Sigismund von Treskow und den beiden Grundbesitzern Robert Sange und Maria Pahl.
Dr. Pollak gelang es, 3,1 Millionen Reichsmark von einer bayerischen Bank für das Krankenhaus im damaligen Preußen zu beschaffen. Dabei half sicher die Tatsache, dass es sich bei den Marienschwestern um einen katholischen Orden handelt. Gebaut wurde das Krankenhaus ab 1928 nach einem Entwurf von Dr. Pollaks Bruder Felix Angelo Pollak. Nur ein Jahr nach dem Richtfest, am 10. Juni 1930, ist das St. Antonius-Krankenhaus mit 300 Betten termingetreu fertiggestellt und von den Marienschwestern betrieben worden.
„In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges leisteten die Schwestern Großartiges“, berichtet Toepfer. „Weil die Rote Armee Karlshorst und damit auch das Krankenhaus besetzte, mussten bis zum 7. Mai 1945 innerhalb von 9 Stunden 125 Verwundete und Kranke mit Lkw nach Friedrichshagen in eine ehemalige Ausflugsgaststätte gebracht werden, um sie dort weiter zu versorgen.
„Ab dem Frühjahr 1946 war das Krankenhaus dann Zentrale für die Führung von 24 sowjetischen Gefängnissen in der Sowjetischen Besatzungszone sowie der Speziallager Hohenschönhausen, Sachsenhausen und Buchenwald, bevor diese von der DDR in gleicher Manier weitergeführt wurden“, berichtet Günter F. Toepfer.
Erst nach der Wiedervereinigung bekamen die Marienschwestern ihr Gelände und Häuser in Karlshorst zurück. „Eigentlich sollte hier wieder ein Krankenhaus entstehen“, berichtet die heutige Oberin der Marienschwestern in Karlshorst, Schwester Walburga Felsmann. Weil man offenbar keine Konkurrenz zum Lichtenberg Sana-Klinikum schaffen wollte, ist das von der Stadt aber nicht genehmigt worden. Deshalb wurde entschieden, dass in die alten Krankenhausgebäude an der Köpenicker Allee die Katholische Hochschule für Sozialwesen einzieht.
Auf dem Grundstück entstand außerdem bis 2001 an der Rheinpfalzallee 46-66 das Seniorenstift St. Antonius, berichtet Schwester Walburga. „Viele von denen, die heute bei uns im Seniorenstift leben, sind übrigens einst im St. Antonius-Krankenhaus zur Welt gekommen“, berichtet die Oberin. In Karlshorst leben heute übrigens noch vier Marienschwestern, alle über 80 Jahre alt. Sie ist als Mitsiebzigerin die jüngste, sagt Schwester Walburga lächelnd. „Früher gab es hier mal 50 Marienschwestern.“
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.