„Mit der Idylle ist es vorbei“: Dauerbaustelle im Parkviertel Kladow
„Wohnen mit Erholungscharakter“: So wirbt der Eigentümer für das Parkviertel Kladow. Ihrem Namen aber macht die Wohnanlage schon länger keine Ehre mehr.
„Seit über einem Jahr leben wir mit Lärm, Schlamm, Löchern und chaotischem Baustellenverkehr“, klagen Anwohner wie Günther Hoffmann oder Michael und Petra Bergmann von der Mieterinteressengruppe Parkviertel Kladow. Das Ehepaar wohnt seit neun Jahren in der einstigen Alliierten-Siedlung am Kladower Damm südlich der General-Steinhoff-Kaserne. Seit dort gebaut wird, werden die Bergmanns zusammen mit den 317 anderen Mietparteien in der Wohnsiedlung auf eine harte Probe gestellt.
Seit September 2016 finden in der weitläufigen Siedlung mit viel Grün, alten Bäumen und Privatstraßen umfangreiche Baumaßnahmen statt. Eigentümer ist die „Parkviertel Kladow GmbH & Co.KG“, die das rund 26 000 Quadratmeter große Grundstück im Dezember 2010 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gekauft hat. 112 neue Eigenheime, davon 47 Einfamilienhäuser, 40 Doppelhäuser und 24 Reihenhäuser sollen dort zusätzlich zu den in lockerer Bauweise gebauten Mehrfamilienhäusern entstehen. Seit einem Jahr laufen die Erschließungsmaßnahmen.
Rohrleitungen werden verlegt, Häuser an das öffentliche Trink- und Abwassernetz angeschlossen und Baufelder erschlossen. Zusätzlich werden im Südteil gerade die Reihenhäuser modernisiert und neue errichtet. Nun weiß jedes Kind, dass dort, wo gebaut wird, Lärm und Dreck entstehen. Aber was in der Wohnsiedlung passiert, zerrt ganz offensichtlich an den Nerven der Mieter. „Mit der Idylle im Parkviertel ist es vorbei“, sagen sie und zählen auf: Baulärm, Abgase, Löcher, Schlamm, rücksichtslose Bauarbeiter. „Baufahrzeuge haben Wiesen und Spielplatzflächen zerfahren, und die Baustellensicherung lässt immer noch zu wünschen übrig. Bäume wurden abgeholzt, darunter auch geschützte Arten wie der Amber und auch der Tierbestand ist zurückgegangen“, sagt Michael Bergmann. Die Autos seien dreckig, dazu kämen Schlaglöcher auf den Straßen, beschädigte Telefonleitungen und Laternen. „Den Sommer über dachten wir, wir wohnen in der Wüste, weil die Baufahrzeuge unter unserem Balkon so viel Staub aufwirbelten“, ergänzt Ehefrau Petra.
Nicht hinnehmbar ist für die Anwohner auch der „völlig chaotische Baustellenverkehr“, der sich durch die engen, teils nur einspurigen Straßen in der Siedlung schiebt und oft die einzige Zufahrt vom Kladower Damm in die Siedlung blockiert. „Wenn die schweren Bagger die Baustelle am Eingang zur Parkviertelallee befahren, müssen entgegenkommende Fahrzeuge regelmäßig auf den Bürgersteig ausweichen“, sagt Günther Hoffmann, der an der Parkviertelallee wohnt.
Ganz so schlimm wie in den letzten Monaten sei es mittlerweile aber nicht mehr, sagen die Anwohner. Hier und dort sind die Erschließungsmaßnahmen bereits abgeschlossen, Baugräben wurden geschlossen, Gehwege und Straßen wiederhergestellt. Und auch die Baustraße, die vom Süden in den Norden des Parkviertels führt, wurde inzwischen geteert. Aber: „Vieles ist erst auf unser Drängen hin passiert“, sagt Michael Bergmann.
Unterstützt werden die Mieter vom Spandauer Mieterverein für Verbraucherschutz. Auf dessen Druck fand kürzlich eine Mieterversammlung mit Vertretern des Eigentümers statt. „Die Mieter fühlen sich im Stich gelassen, auch vom Bezirksamt Spandau“, sagt Vereinsgeschäftsführer Heinz Troschitz. „Es gibt keine Informationen und keine Maßnahmen gegen die unerträglichen Zustände.“ Und: „Die Baumaßnahmen gehen weiter. Bis hier alles fertig ist, kann es Jahre dauern.“ Der Mieterverein kritisiert zudem, dass der Nordbereich des Parkviertels viel zu stark verdichtet wird. Viele Mieter hätten die neuen Häuser direkt vor der Nase, noch mehr Grün würde verschwinden. „Das Parkviertel droht zum Betonviertel zu werden“, warnt Troschitz.
Der Eigentümer indes verteidigt sich. „Wir machen hier nichts, was das Bezirksamt nicht genehmigt hat“, versichert Stefan Engelmann. Alle aktuellen Maßnahmen im Parkviertel seien den Mietern bekannt, und ein Großteil der Mieter davon „nahezu unberührt“. „Hier versinkt niemand im Schlamm, und wir nehmen unsere Mieter mit ihren Problemen ernst“, sagt Engelmann. Inzwischen sind die Erschließungsmaßnahmen laut Eigentümer weitestgehend abgeschlossen. Spätestens bis zum Frühjahr 2018 sollen sie beendet sein.
„Eine Kontrolle der Baustellen hat ergeben, dass die Häuser in Notfällen ungehindert erreichbar sind, es für Rettungsfahrzeuge also keine Einschränkungen gibt“, so Baustadtrat Frank Bewig (CDU). Mieterbeschwerden seien dem Bezirksamt nicht bekannt.
Den Mietern will der Eigentümern nun entgegenkommen und hat ihnen eine Einmalzahlung von 500 Euro sowie den Abzug von zehn Prozent der Kaltmiete für die Monate Oktober und November vorgeschlagen. Die Mieterinteressengruppe aber will eine mindestens 20 Prozent ermäßigte Kaltmiete. Petra Bergmann: „Unser zuhause wird nie wieder so sein wie es mal war.“
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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