Bürgerinitiative zum Straßenausbau erfolgreich
„Ökologische und breit akzeptierte Lösung“

Erleichtert: Sven Bühring, Agnes Kummelt und Ulrike Franzke von den Wasserbetrieben, Frank Bewig. | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Erleichtert: Sven Bühring, Agnes Kummelt und Ulrike Franzke von den Wasserbetrieben, Frank Bewig.
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Nach fast zwei Jahren Dialogverfahren liegt jetzt das überarbeitete Konzept für den Straßenausbau und die Regenentwässerung in der ehemaligen Siedlung Wochenend West vor. Im Ergebnis werden die Straßen als Mischflächen ohne Gehwege saniert und das Regenwasser über Gullys oder Mulden abgeleitet.

Anfangs herrschte blankes Entsetzen. „Wozu brauchen wir in unseren kleinen verträumten Straßen Gehwege? Sollen deswegen die Bäume weg und alle Straßen bald so aussehen wie die neue Jägerallee? Das kann doch nicht wahr sein.“ Die Anwohner in der ehemaligen Siedlung Wochenend West zwischen Ritterfelddamm und Groß Glienicker See waren geschockt, als ihnen das Bezirksamt im Juli 2017 die Pläne für den Ausbau ihrer Wohnstraßen und die Regenwasserentwässerung vorstellte. Dabei sollten dort doch endlich intakte Straßen, sichere Fußwege und eine funktionierende Regenentwässerung kommen. Denn bei Starkregen läuft die Schmutzwasserkanalisation über, was Fäkalien in den See schwemmt und Erosionsschäden an den unbefestigten Straßen verursacht. 

Anwohner reagieren schnell
und gründen eine Initiative

Doch viele Anwohner wollten in ihrer waldähnlichen Siedlung weder ein steriles Straßenbild wie in der Landstadt Gatow noch teuren Luxusausbau. Und sie wollten ihre Straßenbäume behalten wie die 27 alten Roteichen in der Kurpromenade. Die hätten den Gehwegen aber weichen müssen. Bezahlen sollten die Anwohner das alles auch noch. Da platzte so manchem der Kragen. Binnen weniger Tage gründete sich aus dem Protest heraus die Bürgerinitiative Wochenend West (BIWW). Sie organisierte die Teilnahme von rund 100 Anwohnern an einer Bauausschusssitzung sowie in der BVV Ende Juli 2017. Die BVV stoppte die Ausbaupläne des Bezirksamtes nach einem Antrag der Bezirksverordneten Elmas Wieczorek (Grüne), und die FDP forderte die Anwohner zu beteiligen.

Damit war der Grundstein für das Dialogverfahren zwischen Anwohnern, dem Bezirksamt mit Baustadtrat Frank Bewig (CDU), dem Straßen- und Grünflächenamt und dem Umwelt- und Naturschutzamt, den Berliner Wasserbetrieben und der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz gelegt. Erklärtes Ziel: Alternativen finden, um das Ortsbild der Siedlung, den Baumbestand und die Straßen als minimal versiegelte Wohnwege zu erhalten und das Regenwasser zeitgemäß lokal versickern zu lassen.

Nun, 21 Monate und 160 Arbeitsstunden später, präsentierten Fachämter, Wasserbetriebe und Anwohner die Ergebnisse am 6. April bei einer gemeinsamen Infoveranstaltung im Hans-Carossa-Gymnasium. Dafür waren in der Schulaula zahlreiche Schautafeln aufgestellt. Fragen wurden beantwortet und 40 Seiten dicke Hochglanzbroschüren des Bezirksamtes verteilt, die den Dialogprozess dokumentieren.

Nicht alle waren gegen Gehwege

Im Fazit sehen die Pläne für die Wohnsiedlung nun so aus. Die Randstreifen der Wohnwege bleiben grün und unversiegelt. Gehwege bekommt nur der „Seekorso“. Die anderen Straßen werden im „Mischungsprinzip“ (gemeinsame Nutzung der Fläche von Autos und Fußgängern) ohne Gehwege saniert und Baumfällungen möglichst vermieden. Damit das Regenwasser auf den befestigten Straßen abfließen kann, wird die Fahrbahnoberfläche entsprechend gestaltet. Das ist für die meisten schmalen Wohnstraßen im Siedlungskern vorgesehen. Dort wird das Regenwasser zu Gullys geleitet, die die Wasserbetriebe an den Tiefpunkten bauen. Von dort leiten Kanäle das Wasser in ein offenes Versickerungsbecken an der Uferpromenade, wo es natürlich gereinigt wird und im Anschluss das benachbarte Feuchtbiotop füllt. Die umlaufende Uferpromenade und Teile des Ritterfelddamms bekommen  Versickerungsmulden an den Straßenrändern. „Damit haben wir eine sowohl komfortable wie ökologische und vor allem breit akzeptierte Lösung für die Siedlung gefunden“, erklärte Ulrike Franzke, Leiterin des Bereiches Abwasser bei den Berliner Wasserbetrieben. Und nicht nur das. Statt sieben Kilometer Kanalisation braucht es jetzt nur noch 3,6 Kilometer, was den Wasserbetrieben zwei Millionen Euro spart. Begonnen werden soll als erstes mit dem Bau des nötigen Regenwasserversickerungsbeckens. Die Kosten hierfür werden auf die Anwohner nicht umgelegt. Dank der verschiedenen Techniken bei Straßenausbau und Kanalisation „können auch die meisten Bäume und damit das typische Ortsbild erhalten werden“, sagte Baustadtrat Frank Bewig. Dem diene auch der Verzicht auf Gehwege. Sven Bühring, Sprecher der Bürgerinitiative, sprach von einem „schönen Konzept“, das die Ziele der Initiative weitgehend berücksichtigt habe. Auch das Dialogverfahren lobte Bühring. Sei die Stimmung anfangs aufgeheizt gewesen und das Misstrauen groß, habe man später trotz unterschiedlicher Meinungen „sehr sachlich miteinander diskutiert“. Anderer Meinung waren zum Beispiel Detlef Horka und Hans-Christian Walter. Die Anwohner hätten lieber Gehwege gehabt, um den Autoverkehr deutlich von den Fußgängern zu trennen.

Noch 2019 geht es
in der Kurpromenade los

Das Bezirksamt geht jetzt in die Ausführungsplanung. Als erste Straße soll noch 2019 die Kurpromenade dran sein. Saniert wird sie zunächst zwischen Ritterfelddamm und Parkplatz am Seekorso. Kosten: rund 1,5 Millionen Euro. Dann geht es vom Seekorso weiter bis zur Waldallee. Dafür sind 450.000 Euro verplant. Viele andere Straßen sind dagegen finanziell noch nicht über die Investitionsplanung des Bezirks abgesichert. Für die Anwohner werden im Anschluss des Straßenausbaus Erschließungsbeiträge fällig.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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