Das Architekturerbe der Alliierten
Das Militärhistorische Museum widmet sich Immobilien, die von den Besatzungsmächten gebaut wurden
Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow ist immer wieder selbst Gegenstand von Ausstellungen, die dort zu sehen sind. So auch aktuell. Im früheren Towergebäude ist derzeit die Fotoschau "Alliierte in Berlin – das Architekturerbe" zu sehen.
Die Fotografin Mila Hacke dokumentiert seit vielen Jahren mit ihrer Kamera diesen Immobilienbestand, den es ohne die besondere Geschichte der Stadt Berlin zwischen 1945 und 1989 so nicht gegeben hätte. Der Betrachter wird mit bekannten Bauwerken konfrontiert, deren Auftraggeber meist leicht zu identifizieren sind, und mit Gebäuden, die nicht sofort alliierter Urheberschaft zuzuordnen sind.
Dass der Flugplatz Gatow nach Kriegsende für die britische Besatzungs-, dann Schutzmacht, das Tor nach Berlin war ist bekannt. Es entstanden auch neue Gebäude auf dem Gelände oder in der Umgebung. Eine ähnliche architektonische Entwicklung nahm der Flughafen Tempelhof unter amerikanischer Ägide. Das Entstehen des Flughafens Tegel im einstigen französischen Sektor von Berlin ist ohne die Nachkriegszeit und die Alliierten überhaupt nicht zu verstehen. Seine erste Start- und Landebahn wurde während der Berlin-Blockade in wenigen Wochen im Sommer 1948 errichtet, um weitere Kapazitäten für die Luftbrücke zu schaffen.
Flugplätze, Kasernen und Wohngebäude sind ein Schwerpunkt des alliierten Erbes. Gerade der Wohnungsbestand bescherte Berlin nach dem Abzug der Siegermächte im Jahr 1994 zusätzliche Angebote auf dem Immobilienmarkt. Ein markantes Relikt dieser Zeit ist die Abhörstation auf dem Teufelsberg. Hinzukommen viele Denkmäler und Erinnerungsorte wie etwa das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park. Das Erbe der Sowjetunion hat aber vor allem in Karlshorst seine Spuren hinterlassen, wobei das wohl bekannteste Gebäude, die heutige Russische Botschaft, sich Unter den Linden in Mitte befindet.
Unter der Ägide der Alliierten wurden außerdem Schulen, Kirchen oder Sportanlagen sowie Einkaufszentren gebaut. Eines befand sich auf dem ehemaligen Gefängnisgelände an der Spandauer Wilhelmstraße. Die riesige aus dem Kaiserreich stammende Strafanstalt wurde 1987, nach dem Tod des letzten Insassen, dem Nazi-Kriegsverbrecher Rudolf Heß abgerissen. Es entstand dann ein Einkaufszentrum für Militärangehörige der westlichen Alliierten mit einem Parkplatz, das Britannia Centre Spandau. Es verlor mit dem Abzug der Berlin Infantry Brigade seinen Namen.
Mehrere Kulturgebäude haben die vier Mächte ebenfalls hinterlassen. Sie entstanden nicht zuletzt mit dem Anspruch, Film, Theater, Kunst oder Musik des eigenen Landes den Berlinern nahezubringen. Das einstige Outpost der Amerikaner an der Clayallee beherbergt heute das Alliiertenmuseum. Andere dieser Objekte stehen teilweise seit jetzt knapp 30 Jahren leer wie das L'Aiglon Filmtheater der Franzosen am Kurt-Schumacher-Damm. Das Gebäude befindet sich im Besitz der bundeseigenen Liegenschaftsverwaltung BImA. Das Land Berlin sei an einem Erwerb interessiert, bestätigte die Senatskulturverwaltung zuletzt Ende vergangenen Jahres. Zuvor müsste die Immobilie aber saniert werden. Das Interesse, dass dieses Erbe der Alliierten wieder nutzbar gemacht wird, ist groß. Dies zeigen viele Nachfragen von Gruppen.
Fotoschau "Alliierte in Berlin - das Architekturerbe", Militärhistorisches Museum, Am Flugplatz Gatow 33, www.mhm-gatow.de, bis 31. Januar 2023. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag, von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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