Gedenktafel erhält klare Mehrheit
Bauausschuss macht Weg frei für Ehrung des Lebenswerks von Max Hilzheimer

Blick vom Kladower Ufer auf die Imcheninsel. In Ufernähe soll die Gedenktafel für Max Hilzheimer angebracht werden.  | Foto:  Thomas Frey
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  • Blick vom Kladower Ufer auf die Imcheninsel. In Ufernähe soll die Gedenktafel für Max Hilzheimer angebracht werden.
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Am 5. März beschloss auch der Ausschuss für Bauen, Verkehr und Grünflächen sowie Umwelt und Naturschutz einstimmig den Antrag der Fraktion B’90/Grüne mit einer Gedenktafel an Max Hilzheimer zu erinnern.

Schon vor zwei Jahren sollte eine solche Tafel aufgestellt werden. Dann tauchten Fragen zur Biografie von Max Hilzheimer auf. Max Hilzheimer (1877-1946), studierter Zoologe und Koryphäe der Säugetierkunde war einer der bedeutendsten Vertreter des Naturschutzes in Berlin. Bereits seit 1923 amtierte er als Direktor der naturwissenschaftlichen Abteilung des Märkischen Museums. 1927 wurde Hilzheimer der erste Naturschutzkommissar der Stadt und hatte diese Funktion bis 1936 inne. Zu seinem Arbeitsgebiet gehörten auch die Güter und Forsten Berlins, die sich im Regierungsbezirk Potsdam befanden.

Einsatz für Schutzgebiete wie die Imcheninsel

Während seiner Amtszeit erließ er zahlreiche Schutzgebietsverordnungen, beziehungsweise stellte Anträge dazu. Dies gilt für die Grunewaldmoore, für Schildhorn, die Pfaueninsel oder den Stölpchensee, den Spandauer Forst oder die Imcheninsel, die den Status eines Vogelschutzgebiets bekam. Deshalb soll in ihrer Nähe auch die Tafel angebracht werden.

Max Hilzheimer stammte aus einem jüdischen Elternhaus, das ihn evangelisch taufen ließ. Nach der sogenannten Machtergreifung der Nazis verlor er ab 1935 alle seine Ämter. Im August 1937 erlitt er seinen ersten von insgesamt drei Schlaganfällen. Dass er den Holocaust überlebte, verdankte er seiner im NS-Jargon „arischen“ Frau Walburga. Sie schütze ihn bereits durch ihre Ehe vor einer Deportation in ein Vernichtungslager.

Ähnlich wie bei anderen Opfern des Nationalsozialismus sind auch Hilzheimers Verdienste um den Naturschutz lange vergessen und kaum erwähnt worden. Erst seit einigen Jahren hat sich das geändert. Gleichzeitig wurden Zweifel geäußert, ob die Vita von Max Hilzheimer wirklich durchgehend als erinnerungswürdig zu betrachten sei.

Anlass dafür war ein Text zu seiner Person auf der Plattform Wikipedia. Er erwähnt seine Mitgliedschaft in der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) der Weimarer Republik. Die Quelle dafür scheint ein später abgedruckter Vortrag seines einstigen Mitstreiters Hermann Pohle (1892-1982) aus den 1950er‑Jahren gewesen zu sein. Unter anderem mit Pohle hat Hilzheimer 1926 die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde gegründet. Bei der DNVP handelte es sich um eine rechtskonservative bis reaktionäre Partei, die als „Steigbügelhalter“ Hitlers gilt und ihn 1933 an die Macht verhalf. Auch Hilzheimer habe die Machtübernahme der Nazis begrüßt, lautete ein weiterer Vorwurf.

Um diesen und mögliche weitere „Makel“ zu klären, hatte die damalige Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz bei der Stiftung Naturschutzgeschichte eine fachliche Ausarbeitung von Leben und Werk Max Hilzheimers in Auftrag gegeben, die 2020 erschien. Sie gab zwar weitgehend Entwarnung, konnte aber nicht alle Zweifel ausräumen. Sie verwies aber vor allem auf das Wirken Hilzheimers innerhalb der gegebenen Zeitumstände.

Mitgliedschaft bei den Deutschnationalen?

Seine Mitgliedschaft bei den Deutschnationalen sei weder zu verifizieren noch zu falsifizieren, hieß es in der von Dr. Hans-Werner Frohn erstellten Studie. Dafür könnte eine konservative und nationale Gesinnung sprechen, die damals im jüdischen Bürgertum häufig anzutreffen war. Dagegen spreche allerdings der Antisemitismus der DNVP. Außerdem wären keine nationalistischen, demokratieskeptischen oder gar demokratiefeindlichen Äußerungen von Max Hilzheimer überliefert. Im Interesse seiner Arbeit habe der Naturschutzkommissar allerdings Kontakte zu verschiedenen Parteien gepflegt, daruner auch zu den Sozialdemokraten.

Für die angebliche Unterstützung der Nationalsozialisten dient vor allem ein Beleg, der in der Ausarbeitung wörtlich zitiert wird. Er stammt aus dem Protokoll der Sitzung der städtischen Stelle für Naturschutz vom 25. Oktober 1933. Demnach begrüßte Hilzheimer „die Anwesenden zum ersten Mal im neuen Staat und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass wir bei der nationalen Regierung mehr Unterstützung für unsere Bestrebungen finden werden wie bisher“.

Auf den ersten Blick lassen sich diese Sätze als Kotau vor den Nationalsozialisten lesen. Hans-Werner Frohn wertet vor allem den ersten Teil allerdings als geschicktes aus der Affäre ziehen. Er habe nicht die Machtübernahme der Nazis, sondern nur die Anwesenden im neuen Staat begrüßt. Das sei „keine Wortklauberei, sondern ein fundamentaler inhaltlicher Unterschied“. Schwieriger ist der zweite Teil. Frohn erklärt ihn mit der allgemeinen Stimmungslage und der Hoffnung auf Besserung in vielen Bereichen durch das neue Regime. „Der gleichzeitig installierte Terrorstaat wurde dagegen von den meisten ausgeblendet“.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wird Max Hilzheimer sogar laut Protokoll wider besseres Wissen mit einer lobenden Aussage für die NS-Regierung zitiert. Er wertete es als „erfreuliches Zeichen“, dass nach jahrelangem Warten im September 1933 die Unterschutzstellung mehrerer Gebiete erfolgt sei. Namentlich genannt wurden unter anderem der Große und der Kleine Rohrpfuhl und der Teufelsbruch im Spandauer Forst sowie die Imcheninsel. Tatsächlich lagen die Verordnungen bereits am Ende der Weimarer Republik vor. Nur in Kraft getreten sind sie erst danach.

Wer auf Biografien schaut, urteilt aus heutiger Kenntnis und dem Wissen um den Verlauf der Geschichte. Vergessen wird oft die simple Erkenntnis, dass kaum ein Mensch zu jeder Zeit alles richtig gemacht hat. Das gilt auch für Max Hilzheimer. Aufgewogen wird das bei ihm durch sein Schicksal nach 1933. Und von seinem Leben und Werk bleibt sein Vermächtnis für den Naturschutz in Berlin.

Bereits seit 2021 erinnert im Tegeler Fließ eine Gedenktafel an ihn. In Kladow soll jetzt eine weitere folgen.

Blick vom Kladower Ufer auf die Imcheninsel. In Ufernähe soll die Gedenktafel für Max Hilzheimer angebracht werden.  | Foto:  Thomas Frey
Dass die Imcheninsel heute Vogelschutzgebiet ist, geht auf Max Hilzheimer zurück.  | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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