Ein Milliardär auf dem Papier
Bernd Böhme (72) sammelt Banknoten aus allen Epochen und vielen Ländern
Bernd Böhmes Sammelleidenschaft hat einen großen Vorteil. Sie passt in nur sechs Ordner, die er auf einem Tisch im Wohnzimmer aneinandergereiht hat.
Ihr Inhalt besteht aus barem Geld in Form von Banknoten. 2336 Scheine befinden sich aktuell in seinem Besitz. 307 von ihnen waren in Deutschland in verschiedenen Epochen gebräuchliche Zahlungsmittel oder sind es noch: vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, die Nazizeit bis zur D-Mark Ost und West während der geteilten Epoche bis zum Euro. Letzterer ist in der Sammlung in fast jedem Satz vollständig für das jeweilige Mitgliedsland der Europäischen Währungsunion.
Ebenfalls Teil der Sammlung sind die von den alliierten Siegermächten ausgegebenen Geldscheine nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In den ersten Jahren hätten sich die nur durch eine kleine Marginalie unterschieden, erklärt Bernd Böhme. Die Amerikaner hätten nämlich ihre Papiere mit einem winzigen F markiert, das allerdings lediglich mit einer Lupe erkennbar sei.
Zur Deutschland-Abteilung gehört außerdem der größte Posten seiner Sammlung: 1130 Scheine aus der Zeit der Inflation, die vor 100 Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Der Kladower Sammler zeigt Banknoten, die ursprünglich 1000 Mark wert waren und die im Herbst 1923 einfach mit dem Stempel „Eine Milliarde“ versehen wurden. Kaum etwas kann den massiven Verlust des damaligen Bargeldwerts wahrscheinlich besser illustrieren als so ein Schein, der gerade einmal zum Kauf von ein paar Eiern gereicht hätte. Bernd Böhmes Milliarden haben deshalb vor allem einen historischen und ideellen Wert. Wobei sie bei manchen Sammlern ganz gute Preise erzielen, erzählt der 72-Jährige.
Ein besonderes Kapitel innerhalb seiner Zahlungsmittel aus der Zeit der Inflation bildet das sogenannte Notgeld. Viele Städte, Gemeinden und sogar Unternehmen wie die Reichsbahn oder die Handelskette Edeka hätten eigene Geldscheine hergestellt, die beim Kauf in ihrer Region akzeptiert wurden. Auch Berlin und seine Bezirke machten das.
Auf dem Spandauer Notgeld war die Silhouette der Havel zu sehen. Viele Kommunen hätten für das Herstellen dieser Art des Bezahlverkehrs sehr große Mühe aufgewendet und die Scheine sehr liebevoll gestaltet. Auch dafür kann Bernd Böhme viele Beispiele aus verschiedenen Landesteilen zeigen.
Eine weitere Kategorie besteht aus Geldscheinen aus 136 Ländern. Es sind exakt 899 Einzelstücke, denn Bernd Böhme führt genau Buch und hat jedes Exponat katalogisiert. Das Sortiment reicht von A wie Afghanistan bis Z wie Zypern. Afrika und Asien, Nord- und Südamerika, Australien, Israel und Ägypten, die Sowjetunion und ihre Nachfolgestaaten, bis hin zu der zwischen Armenien und Aserbaidschan umkämpften Teilrepublik Bergkarabach. Auch Geldscheine für die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg in der besetzten Ukraine sind Teil der Sammlung.
Dabei wird vor allem eines deutlich: Die Banknoten stehen für einen Abschnitt der Geschichte, erinnern an manches Vergessene, sind Zeitzeugen für längst Vergangenes und Verändertes. Auch für Bernd Böhme ist das ein Antrieb. Er hat Geldscheine aus dem Iran, auf denen noch der Schah abgebildet ist, der 1979 von Ajatollah Khomeini gestürzt wurde, dessen Bild danach auf den Zahlungsmitteln zu finden war. Aus dem Irak hat er Banknoten mit dem Konterfei des Diktators Saddam Hussein. Aus China eine mit dem von Mao Tsetung. Und er besitzt kubanisches Geld, das nur für den Zahlungsverkehr auf Kuba bestimmt war.
Bernd Böhmes Sammelleidenschaft begann vor rund 50 Jahren. Auslöser sei seine Tante gewesen. „Sie hatte von ihrem im Krieg vermissten Mann schon eine stattliche Sammlung mit Notgeldscheinen“. Die hat er seither wesentlich erweitert und zusätzliche Felder erschlossen. Viele Banknoten entdeckte er auf Trödelmärkten. Die ausländische Währung wurde meist vor Ort „eingekauft“. In den 1980er-Jahren hat Bernd Böhme bei einer Firma in Rheinland-Pfalz gearbeitet, deren Monteure weltweit im Einsatz waren. Dadurch sei er in viele Länder gekommen und konnte sich die jeweiligen Geldscheine besorgen. Außerdem habe er die Kollegen gebeten, von ihren Auslandseinsätzen ebenfalls Zahlungsmittel mitzubringen.
Seine Sammlung sei zwar groß, aber noch nicht vollständig, sagt der Sammler. Auf der Erde gebe es rund 200 Staaten, bisher habe er „nur“ 136 in seinem Sortiment. Da gebe es noch Luft nach oben. Auch bei den deutschen Banknoten fehle noch die eine oder andere Ergänzung. Zum Beispiel der Geldschein mit der höchsten Summe, die dort jemals verzeichnet war: Eine Billion Mark. Er wurde nur ganz kurz vor dem Ende der Inflation ausgegeben. Sein Gegenwert war ungefähr ein US-Dollar.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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