Zum Tod von Wolfgang Weber
Der Kladower Filmsammler hinterlässt ein großes Erbe

Wolfgang Weber und seine Frau Sabine im Juni 2023 in ihrem Kino im Keller.  | Foto:  Christian Hahn
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  • Wolfgang Weber und seine Frau Sabine im Juni 2023 in ihrem Kino im Keller.
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Es gibt viele Termine eines Reporters, die im Lauf der Zeit verblassen. Der Besuch bei Wolfgang Weber und seiner Frau Sabine in ihrem Haus in Kladow gehört gewiss nicht dazu. Der Artikel über ihr einzigartiges Museum zur Film- und Kinogeschichte erschien im Sommer 2023 im Spandauer Volksblatt. Jetzt ist Wolfgang Weber im Alter von erst 71 Jahren verstorben und hinterlässt ein großes Erbe.

Schon gut zwei Monate vor seinem Tod sei er das letzte Mal im Keller gewesen, berichtete Sabine Weber. Schon länger wäre es ihm nicht mehr gut gegangen. Als Auslöser sieht sie eine eigentlich harmlose Operation. Danach sei ihr Mann müde und antriebslos gewesen, habe selbst eine beginnende Demenz festgestellt. „Ich habe einiges vergessen“, klagte er selbst inmitten seiner Sammlung.

Ganz anders war das noch im Juni 2023, als Wolfgang Weber in seinem Museum für Kinokultur empfing. Auf 250 Quadratmeter präsentierte er die Historie der bewegten Bilder, die sich gleichzeitig mit seiner eigenen Lebensgeschichte verband. Zu sehen sind dort Plakate, Autogramme von Schauspielern, Eintrittskarten. Kameras aller Größen und Epochen. Rund 1000 Filmrollen, alle akkurat in großen Schränken gelagert und entsprechend temperiert.

15, meist riesige Projektoren, bezeichnete Wolfgang Weber als das Herzstück seiner Sammlung. Einige stammen aus den Anfangsjahren des Kinos. Von manchen gibt es weltweit nur noch wenige Exemplare. Zum Beispiel sechs nachgewiesene für den Projektor Mechau 35 Millimeter, erbaut zwischen 1909 und 1926. Ein solches Gerät steht in Japan, eines in San Francisco, auch das Filmmuseum in Potsdam besitzt ein Exemplar. und Wolfgang Weber in Kladow. Nicht alle Filmvorführer waren betriebsbereit, als er sie erwarb. Durch teilweise lange Tüftelei brachte Wolfgang Weber alle zum Laufen.

Den Laien faszinierte etwas anderes in diesem außergewöhnlichen Kellermuseum noch mehr: ein eingebauter Kinosaal mit 32 Plätzen. Seine rot gepolsterten Sitze befanden sich einst im Theater des Westens. In seinem Keller hat sich das Ehepaar privat oder mit Freunden und anderen Enthusiasten die vielen Filme aus dem Fundus angesehen.

Sein ganzes Leben haben ihn die bewegten Bilder begleitet, erzählte Wolfgang Weber damals. Als Sechsjähriger erhielt er seinen ersten Projektor, führte damit Filme für Kinder vor. Sein Vater arbeitete als Hausmeister und Butler bei Wenzel Lüdecke (1917-1989) dem Produzenten und Chef der Berliner Synchron. Auch dadurch kam er schon früh in Kontakt mit dieser Branche. Wolfgang Weber lernte Starkstromelektriker und arbeitete als Tontechniker beim SFB, später RBB. Außerdem machte er eine Ausbildung als Filmvorführer und war in verschiedenen Kinos tätig. Ebenso wie bei den Open Air-Vorstellungen in der Waldbühne.

Parallel dazu ist seine Sammlung durch Ankäufe, entdeckte Schätze, Schenkungen, Erbstücke, Versteigerungen entstanden. Der Keller wurde dafür mehrfach ausgebaut, er umfasst inzwischen auch die Fläche unter dem Garten.

Sabine Weber möchte das Erbe zusammenhalten und bewahren. Nach Erscheinen des Artikels im Spandauer Volksblatt hätten sich auch weitere Kontakte zu Filmbegeisterten ergeben, erzählt sie. Obendrein fand Wolfgang Weber dadurch einen Jugendfreund wieder, mit dem er einst zusammen in der Lehre war. Er habe oft über ihn geredet, wusste aber nicht, wo er abgeblieben war. Als sich der Mann dann meldete, stellte sich heraus, dass er ebenfalls in Kladow wohnt.

Wolfgang Weber hat sein gesammeltes Lebenswerk „Cinema Paradiso“ genannt. Das verweist auch auf den gleichnamigen italienischen Spielfilm aus dem Jahr 1988, seinem Lieblingsfilm. In dem Werk wird in Rückblenden die Lebensgeschichte eines berühmten Regisseurs erzählt, der als kleiner Junge in einem sizilianischen Dorf die Liebe für das Kino entdeckt hatte.

Cinema Paradiso ist jetzt auch ein Name, der über den Tod von Wolfgang Weber hinausreicht.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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