Mit Spektiv und viel Geduld: Andreas Federschmidt ist ambitionierter Vogelbeobachter
Viele Stunden verbringt Andreas Federschmidt mit dem Fernglas in den Gatower Wiesen – auf der Suche nach Vögeln. Er kennt die richtigen Plätze, um Braunkehlchen, Wendehals oder Neuntöter zu beobachten.
Die neckische Holle des Kiebitz, das leuchtende Rosenrot des Gimpels, das auffällige Kopfdrehen des Wendehalses oder das „jü teck“ des Braunkehlchen: Andreas Federschmidt kennt sie alle.
Dabei ist der Kladower kein Ornithologe, wie er gern betont, sondern Biologe. Die Vogelwelt aber hat ihn schon immer fasziniert. Kein Wunder, hatte er als Bielefelder Stadtrandjunge die Natur gleich hinterm Haus. Statt Computerspiele zu spielen, wie seine Altersgenossen, beobachtete der Zehnjährige lieber brütende Kiebitze auf den benachbarten Wiesen am Ortsrand. Später, während seines Studiums in Freiburg, kartierte Andreas Federschmidt die Gebiete der gefährdeten Zaunammer und verfasste eine mehrjährige Studie über die Vogelart.
Vor 15 Jahren zog er dann aus beruflichen Gründen nach Spandau. Mittlerweile wohnt der 57-Jährige seit fünf Jahren mit seiner Frau Gabriele und drei Kindern in der Landstadt Gatow. Die Gatower Wiesen sind nur einen Flügelschlag entfernt, und so ist der Hobby-Ornithologe und Nabu-Aktivist so oft es die Hausaufgaben seiner Kinder erlauben draußen. Mit seinem Spektiv beobachtet er in der Hochstaudenflur – was die Gatower Wiesenlandschaft nämlich streng biologisch ist – alles was fliegt. Seidenschwanz, Raubwürger oder Trompeter-Gimpel. „Sie alle sind auch im Winter hier“, weiß Andreas Federschmidt.
Was er sieht oder hört, wird notiert. Warnt ein Vogel in seinem Revier? Oder singt er, weil er um ein Weibchen wirbt? Ist im Frühjahr ein Futter tragender Altvogel unterwegs, der zwischen Rainfarn und Kanadischer Goldrute seine Jungen versteckt?
Fast 200 Vogelarten kann Andreas Federschmidt an ihrem Ruf unterscheiden. Besonders auffällig ist das rerrp-rerrp des männlichen Wachtelkönigs. „Das hört sich an, als zieht jemand mit einem Kamm über Holz.“ Vor drei Jahren hat Federschmidt ein Paar in den Gatower Wiesen entdeckt. Im Jahr darauf sind die beiden Langstreckenzieher aber nicht wiedergekommen.
Zahl der Brutpaare hat messbar abgenommen
Der Ruf des Wachtelkönigs, das Klappern der Störche oder das Abendlied einer Nachtigall: „Vögel sind allgegenwärtig. Sie bringen uns zum Staunen und sind uns ans Herz gewachsen“, sagt Andreas Federschmidt. Doch Vögel sind auch wichtige Bioindikatoren. „Ihr zunehmendes Verschwinden zeigt uns, dass es um ihren und unseren Lebensraum nicht gut bestellt ist.“ Braunkehlchen und Wendehals gelten nach der Roten Liste der Brutvögel Berlins bereits als im Bestand gefährdet. In den Gatower Wiesen ist die Zahl der Braunkehlchenpaare seit 2010 von 33 auf 15 zurückgegangen, hat Andreas Federschmidt festgestellt. Streng geschützt oder gar vom Aussterben bedroht sind auch Grauammer, Neuntöter und Steinschmätzer.
All diese Vogelarten haben in den Gatower Wiesen ihren Lebensraum. Um den zu schützen, hat Andreas Federschmidt vor einigen Jahren die „Bürgerinitiative zur Verhinderung der sogenannten Parklandschaft Gatow“ mitgegründet. Die Initiative aus Naturschützern und Anwohnern wehrt sich dagegen, dass die naturnahe Vegetation der Gatower Wiesenlandschaft durch ein Natur fernes und geometrisch angelegtes Netz aus Äckern, Gärten, Rasenflächen und asphaltierten Wegen ersetzt werden soll. Die Senatsumweltverwaltung plant die rund 90 Hektar große Parklandschaft als Ausgleichsmaßnahme für den Bau der Landstadt Gatow. „Das aber würde der artenreichen und wertvollen Tierwelt die Lebensräume vernichten“, befürchtet Andreas Federschmidt. Und so hat der Biologe nur einen Wunsch: Dass die Naturlandschaft für Tier und Mensch erhalten bleibt.
Wer sie näher kennenlernen will, den nimmt Andreas Federschmidt im Mai wieder mit auf Vogeltour. Spektiv mit 60-fachem Zoom inklusive.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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