"Wir sind die Brandmauer"
600 Menschen demonstrierten in Kladow gegen Rechtsradikalismus und für die Demokratie
Was als erstes auffiel, war die schon vor Beginn sehr volle Wiese. Dann das Publikum. Alle Altersgruppen, viele Familien mit Kindern. Und schließlich zahlreiche, kreativ gestaltete Plakate. „Kladow ist bunt. Sonst würden wir ja Kladoof heißen“, war nur ein Beispiel dafür.
Knapp 600 Menschen waren am 17. Februar nach Polizeiangaben dem Aufruf zur Demonstration „Bunt statt braun“ gefolgt. Ab 11 Uhr an einem Sonnabendvormittag, eigentlich eher die Zeit um Einkäufe zu erledigen, trafen sie sich auf der Freifläche an der Ecke Kladower Damm und Ritterfelddamm, um gegen Rechtsradikalismus und für die Demokratie ein Zeichen zu setzen. Der Anlass dafür war auch hier das durch das Medienhaus Correctiv bekanntgewordene Treffen unter anderem von Rechtsextremen, Identitären, AfD-Politikern im vergangenen November in einem Landhaus in der Nähe von Potsdam, nur wenige Kilometer von Kladow entfernt. Die dort diskutierten Pläne für eine sogenannte Remigration von Millionen von Menschen haben seither Millionen erschreckt und auf die Straße gebracht. Es gab Aufzüge mit Hunderttausenden Teilnehmern, wie Anfang Februar vor dem Reichstag. Ebenso wie viele lokale Aktionen in fast allen Teilen des Landes. So wie jetzt in Kladow.
Die Initialzündung war von Max Weithmann ausgegangen, einem nach eigener Beschreibung „Demokraten und Wechselwähler“, der zum ersten Mal in seinem Leben eine Demonstration organisiert hat. Dem Aufruf schlossen sich zahlreiche Vereinigungen der vor allem Kladower Zivilgesellschaft an, ebenso wie die evangelische und die katholische Kirche. Und alle in der BVV vertretenen Parteien jenseits der AfD. Moderiert wurde die Veranstaltung vom RBB-Reporter Uli Zelle.
Es gab viele Reden, deren Aussagen variierten, die aber alle den gleichen Tenor hatten: Der Rechtsstaat muss verteidigt, rechtsradikalen Umtrieben entgegengetreten werden. Remigration bedeute Deportation und deren tödliche Konsequenz sei aus der deutschen Geschichte bekannt. Ebenso, wie schnell sich ein Unrechtsregime etablieren könnte. Deshalb brauche es jetzt ein klares Zeichen aller Demokraten, ganz unabhängig ihrer sonstigen Standpunkte oder Lebensweisen. „Egal ob Gender, Veganer oder Fleischesser, Fahrrad-, E-Auto oder Dieselfahrer, egal, was wir glauben oder wen wir lieben“, formulierte Renate Christians von den „Omas gegen Rechts“. „Wir sind die Brandmauer“, auch dieser Satz fiel immer wieder.
Die Auftritte standen für ein breites Spektrum. Neben den „Omas gegen Rechts“ sprachen unter anderem der Pfleger eines Hospizes, gebürtiger Afghane, der 2016 als Geflüchteter aus dem Iran nach Deutschland gekommen war, Helga Leib vom Bündnis für Gesundheit, Solidarität und Demokratie Kladow, der evangelische Superintendent Florian Kunz, Schülerin Rabia (15) aus dem Hans-Carossa-Gymnasium, Vertreter der Parteien. „Wir müssen für unsere Demokratie wieder positiv begeistern“, sagte Bürgermeister Frank Bewig (CDU).
Ein Verbot der AfD oder das Entziehen vom Bürgerrechten für Rechtsradikale sei zumindest zu prüfen, erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete Helmut Kleebank. Demokraten müssten hart in der Sache streiten und gleichzeitig fähig sein, Kompromisse zu finden, betonte die Grünen-Abgeordnete Gollaleh Ahmadi. Ähnlich sah das Paul Fresdorf (FDP): „Wenn man die Demokratie stärken will, muss man auch den Diskurs stärken“. Sie finde, dass dies in Spandau sehr gut funktioniere, betonte Aida Spiegeler Castaneda, Vorsitzende der Tierschutzfraktion in der BVV. Bei allen unterschiedlichen Ansichten existiere unter den Demokraten ein Miteinander.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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