Lebensretter nehmen Fahrt auf
Kapitän gründete SOS Méditerranée
Die von dem Kladower Klaus Vogel mit gegründete Hilfsorganisation SOS Méditerranée schickt ihr Schiff Aquarius wieder auf Lebensrettungskurs ins Mittelmeer.
Mittwochabend, 1. August 2018: In Marseille lichtet die Aquarius die Anker. Das 77 Meter lange ehemalige Fischerei-Schutzboot macht sich wieder auf ins Mittelmeer. Am vergangenen Wochenende dürfte es in der Region angekommen sein, in der allein in diesem Jahr mehr als 1100 Menschen ertrunken sind – auf der Flucht aus Afrika in Richtung Europa.
Der promovierte Historiker und Kapitän Klaus Vogel hatte am 9. Mai 2015, dem Europa-Tag, zusammen mit anderen die Hilfsorganisation SOS Méditerranée gegründet. Seit Februar 2016 schickt sie zusammen mit der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ die Aquarius ins Mittelmeer. Bis heute hat sie nach eigenen Angaben 29 381 Menschen aus Seenot gerettet. Im November 2016 wurde Vogel von Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) als „Spandauer des Monats“ geehrt.
Retter in der Kritik
Der Aufbruch der Aquarius ins Mittelmeer Anfang August ist etwas Besonderes. Der eigentlich selbstverständliche Auftrag des Schiffes, Menschenleben zu retten, wurde in den vergangenen Wochen auf teils unanständige Weise hinterfragt. Italien lehnte die Aufnahme geretteter Menschen ab, private Hilfsorganisationen wie SOS Méditerranée wurden von rechten Kreisen in Europa als Helfershelfer von Schlepperbanden diffamiert. Die Aquarius musste für einen technischen Stopp am 29. Juni Marseille ansteuern, obwohl für ihre humanitären Einsätze ihr alter Hafen Lampedusa viel besser geeignet gewesen wäre.
Inzwischen ist ein weiteres Problem aufgetaucht. Am 28. Juni übertrug die Internationale Schifffahrtsorganisation die Such- und Rettungszone vor der Küste Libyens den dortigen Behörden. Verena Papke, Geschäftsführerin von SOS Méditarranée Deutschland, spricht aus, was das bedeutet: „Die ist oft nicht erreichbar.“ Zudem seien Fälle dokumentiert, in denen die libysche Küstenwache ihr Eingreifen angekündigt habe, dann aber kein Rettungsschiff aufgetauchte.
Prominente Unterstützer
Ein weiteres Problem: Nach internationalem Seerecht sind gerettete Personen in sichere Häfen zu bringen. „Sicher“ bedeutet in diesem Fall nicht nur Land unter den Füßen, sondern ein Mindestmaß an Menschenrechten und sozialer Versorgung bis zur Möglichkeit, einen Antrag auf Asyl zu stellen. Davon ist das Bürgerkriegsland Libyen Welten entfernt (wie übrigens alle anderen Länder Nordafrikas). Gleichwohl forderten libysche Behörden, Gerettete nach Libyen zurück zu bringen. Verena Papke sagt dazu: „Wir werden weder die gesetzliche Verpflichtung zur Notfallrettung noch die zur Überstellung Geretteter an sicherere Häfen brechen.“ Damit alle Welt sich unvoreingenommen von der Arbeit des Rettungsschiffes überzeugen kann, gibt es seit dem 1. August den liveblog www.onboard-aquarius.org. Der Einsatz wird unter dem Motto „Wir alle sind an Bord der Aquarius“ von Prominenten wie Herbert Grönemeyer, dem Schriftsteller Clemens Schick, dem Schauspieler Walter Sittler und dem Liedermacher Konstantin Wecker unterstützt.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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