Neue Ausstellung im Militärhistorischen Museum
Die Militärhistoriker erkunden damit ein Thema, dass in Deutschland bisher vor allem durch Kriegsfilme bekannt ist. Die funktionieren meist nach diesem Schema: gefangene alliierte Soldaten brechen mit Raffinesse und Mut aus Lagern aus, die von geistig minderbemittelten oder brutalen Deutschen bewacht werden. Besonders bekannt ist "Gesprengte Ketten" von Regisseur John Sturges aus dem Jahr 1963. Die erfolgreichen Ausbrecher werden unter anderem von Steve McQueen, James Garner und Charles Bronson gespielt. Auf 250 Quadratmetern können die Besucher des Museums jetzt der historischen Wahrheit nachgehen. Danach gilt für die meisten westalliierten Gefangenen, dass sie von der deutschen Wehrmacht nach den Regeln des Kriegsrechts behandelt wurden. Nur, wer wirklich zu fliehen versuchte, setzte sein Leben aufs Spiel.
Allerdings gab es auch andere Verhaltensweisen. Nazi-Funktionäre versuchten mit dem zunehmenden Bombenkrieg, die Bevölkerung gegen die "Terrorflieger" aufzuhetzen. Es gab Fälle, in denen abgestürzte Flieger gelyncht wurden. Dokumentiert ist der Fall von 15 Soldaten, die nach ihrem Absturz bei Schwerin beziehungsweise im Müritzgebiet "auf der Flucht erschossen" wurden. Nach dem Ende des Krieges mussten sich die Beteiligten an solchen Lynchmorden verantworten. Mehr als 150 Angeklagte wurden hingerichtet.
Zu dem Leben in den Lagern für westalliierte Flieger setzt das Museum noch weitere "Kontrapunkte", wie der Leiter des Museums, Oberstleutnant Ralf-Gunter Leonhardt, betont: "Sowjetische Kriegsgefangene wurden oft einfach sich selbst überlassen, bis sie verhungerten."
Die Ausstellung führt in das Thema ein - mit Fotos, Dokumenten, Installationen und Medienstationen mit Originaltexten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Das größte Exponat steht außerhalb der Sonderausstellungsräume: Ein vom Verein Flugwelt Altenburg-Nobitz hergestellter Nachbau des sogenannten Colditz-Fliegers. Das war ein hölzernes Fluggerät, das von gefangenen britischen Offizieren auf der sächsischen Burg Colditz ab Januar 1944 gebastelt wurde. Mit ihm wollten die Soldaten von der hohen Festung aus auf die andere Seite des Flusses Mulde gelangen. Das Kriegsende kam der Flucht zuvor. Im vergangenen Jahr gelang mit dem Flieger ein Katapultstart, allerdings mit einer Bruchlandung am Ende.
Die Sonderausstellung "Privilegierte Lager?" ist bis zum 28. September 2014 im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr Flugplatz Berlin-Gatow, Am Flugplatz Gatow 33, zu sehen. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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