Deutschstunde mit Lieblingsspeise: Kladowerin hat die Patenschaft für zwei Flüchtlinge übernommen
Kladow. Spenden sammeln, in Unterkünften helfen, Deutsch unterrichten: Es gibt diverse Möglichkeiten, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Edeltraud Jenner aus Kladow ist Patin für ein syrisches Kind und einen jungen Afghanen.
„Zoher hat ein fabelhaftes Zeugnis“, schwärmt sie und blickt ihnhalb stolz, halb auffordernd an. „Erzähl doch mal!“ Der Neunjährige ziert sich ein bisschen. „In Mathe habe ich eine Eins, in Deutsch aber eine Zwei“, sagt er dann.
Seit November 2014 verbringen die Seniorin Edeltraud Jenner und der syrische Junge zwei Nachmittage pro Woche zusammen. Erst holt sie ihn von der Schule ab, dann wird in ihrem Zuhause am Groß Glienicker See ein Stündchen Deutsch gelernt. Anschließend geht’s ans vegetarische Kochen. Die pensionierte IT-Spezialistin ist im Tierschutz engagiert, Fleisch kommt bei ihr nicht auf den Tisch. Was dann? „Na, zum Beispiel Kartoffelpuffer mit Apfelmus, Gemüse …“, zählt Zoher auf. Schließlich fällt ihm ein, was er am liebsten mag: „Und Nudeln mit Tomatensoße!“ Ein ganz normales Kind also.
"Bin eine Helferseele"
Vor knapp zwei Jahren kam Zoher mit Eltern und Geschwistern nach Berlin. Die Familie hatte Glück. Schon bald konnte sie in eine Wohnung in der Sakrower Landstraße ziehen. Ihre Nachbarin: Eine gute Bekannte von Edeltraud Jenner. Die habe sie gebeten, der Familie beim Einleben zu helfen. „Bin ja eine Helferseele, das wusste sie schon.“ Also ließ sie sich nicht lang bitten und übernahm eine Patenschaft für Zoher.
„Ich kann einfach nicht richtig glücklich sein, wenn ich sehe, dass es anderen nicht gut geht – und Edeltraud ist genauso“, sagt Eva Rodde. Die Frauen kennen sich seit Jahren aus dem Tierschutz. Auch Eva Rodde lebt in Kladow. Sie engagiert sich in der Nähwerkstatt der Flüchtlingsunterkunft am Waldschluchtpfad. Jeden Donnerstag trifft sie dort andere Ehrenamtliche und Bewohnerinnen, gemeinsam fertigen sie nützliche Dinge an.: Mal werden Kleiderspenden passend gemacht, mal neue Sachen genäht. Nebenbei lernen sich die Spandauer und die Neuankömmlinge kennen.
In einem Flüchtlingsheim hat Edeltraud Jenner auch den jungen Mann getroffen, für den sie die zweite Patenschaft übernommen hat. Sobiallah Ataie ist 25 Jahre alt und aus Afghanistan geflohen. Er lebt in einer Turnhalle – in einem Raum mit zig anderen Männern. Ein Umstand, den seine Patin fast schlechter ertragen kann, als er selbst. Unermüdlich hilft sie ihm bei der Wohnungssuche. „Es ist so gut wie aussichtslos, das macht mir zu schaffen“, räumt sie ein. Mit Sobiallah lernt die Kladowerin nicht nur Deutsch, das er an sich schon gut versteht – nur wollen die Worte nicht so recht über seine Lippen. Sie übt mit ihm quasi auch das „normale“ Leben. In der Bank hat die Seniorin dem jungen Mann gezeigt, wie man einen Geldautomaten bedient. Die beiden kaufen zusammen ein, besuchen Behörden und Beratungsstellen. Mal geht’s auch nur darum, etwas Schönes zu erleben. „Wir waren schon in Sanssouci, im Pergamon-Museum und beim Jazzfest am Kladower Hafen“, erzählt die Patin. Ihr Schützling lächelt bei der Erinnerung, die Musik habe ihm sehr gut gefallen, fügt er an.
Mehr helfer erwünscht
Bisweilen trifft es sich, dass Zoher und Sobiallah am selben Tag Deutschunterricht haben. Dann spielen sie noch Federball und unterhalten sich. Oder die Rommé-Karten kommen auf den Tisch. Auch darin ist Zoher schon ein kleiner Meister. „Hab ich ihm beigebracht“, sagt Edeltraud Jenner. „Aber inzwischen schlägt er mich fast jedes Mal.“ bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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