Sorge um Enge, Verschattung und Lärm
Anwohner gegen Neubauprojekt – In der Salvador-Allende-Straße sind Wohnungen geplant
Der erste Spatenstich ist noch weit entfernt und das Projekt noch nicht einmal endgültig genehmigt. Widerstand hat sich jedoch schon jetzt formiert. In der Salvador-Allende-Straße plant die Wohnungsbaugenossenschaft „Amtsfeld“ eG insgesamt 77 neue Wohnungen. 2021 sollen die Bauarbeiten beginnen.
Angedacht sind zwei längliche Bauten in einer lockeren Bauweise mit offenen, transparenten Treppenhäusern, gläsernen Fahrstühlen und geschwungenen Fassaden. Zwischen ihnen bleibt Platz für eine Spielfläche. 46 der 77 Wohnungen (zwei bis vier Zimmer) sollen barrierefrei, fünf rollstuhlgerecht sein. Geplant ist auch eine alternative Wohnform in einem der Gebäude, beispielsweise eine Senioren-WG.
Ab dem fünften und sechsten Geschoss sollen die Mieter in den Bestandswohnungen in der Salvador-Allende-Straße 25–45 über den Neubau hinaus in den Wald blicken können. Zwischen den Hauskanten des Bestands- und Neubaus sollen nach Fertigstellung 24 Meter liegen. Im Moment befinden sich auf der anvisierten Baufläche ein Mieterparkplatz, ein Gehweg und Bäume. Der Wegfall vieler Parkplätze soll durch eine Tiefgarage mit 176 Stellplätzen aufgefangen werden. Im Außenbereich sollen 83 Stellplätze verbleiben. Während der Bauzeit sollen Ausweichparkplätze in der Umgebung bereitgestellt werden.
„Da guckste denen direkt ins Schlafzimmer“
Für einige Mieter ist das Vorhaben der Genossenschaft ein Graus. Beschwerden gibt es unter anderem von Karl-Heinz Janz (91) und seiner Frau Irmgard Janz-Redanz (80) sowie ihren Nachbarn Christa Bartsch (73) und Heinz Spieler (85), die allesamt in den Etagen fünf und sechs wohnen. Direkt vor ihren Wohnungen in der Salvador-Allende-Straße 31 sollen die Gebäude hochgezogen werden. Die Wohnsituation für sie alle, da sind sie sich einig, werde sich dadurch verschlechtern. Sie befürchten Lärm und Dreck durch die Bauarbeiten sowie einen zu geringen Abstand zwischen dem Zehnstöcker und dem Neubau. „Da guckste denen direkt ins Schlafzimmer. Also das ist eine Schnapsidee“, meint Irmgard Janz-Redanz. „Das geht doch gar nicht hier“, sagt ihr Mann. Das Projekt sei unzumutbar. Heinz Spieler findet es „undemokratisch“. Es habe keine Diskussionen mit den Mietern gegeben. Immer seien sie abgewürgt worden. Sie haben eine Unterschriftensammlung gegen das Vorhaben organisiert.
Die Berliner Woche hat mit dem Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft „Amtsfeld“ eG gesprochen. Auf Nachfrage bestätigte dieser, dass aufgrund der Corona-Krise die Mieter längst nicht so schnell über das Projekt informiert werden konnten, wie es eigentlich geplant war. Bei Neubauvorhaben müsse jedoch keine Abstimmung mit den Mitgliedern erfolgen, so die Genossenschaft. Die Mieter der einzelnen Hausaufgänge seien zu separaten Informationsveranstaltungen eingeladen worden. „Die Sorgen und Nöte unserer Mieter sind uns nicht egal. Wir wollen zeigen, dass man das lösen kann“, erklärt der Vorstand. Der Bauantrag für das Projekt soll bis Ende des Jahres eingereicht werden.
Bäume müssen weichen
Ein Kritikpunkt der Anwohner lautet, dass dutzende Bäume gefällt werden müssten, um Platz für den Neubau zu schaffen. Das räumt auch die Genossenschaft ein, jedoch werde, wie vorgeschrieben, für jeden gefällten Baum ein Ausgleich gepflanzt. „Wir versuchen, das auf unserem Grundstück zu realisieren. Wo genau, wissen wir noch nicht“, heißt es dazu.
Ebenfalls kritisiert wurden die Lautstärke und die vermutete zukünftige Verschattung der unteren Stockwerke des Bestandsgebäudes. Auch hierzu äußerte sich der Vorstand. Ihm zufolge wurden eine Sonnenlichtstudie und eine Schallberechnung am Standort durchgeführt. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass bis auf wenige Wintertage mit tiefstehender Sonne keine Wohnungen durch den Neubau verschattet würden. Außerdem soll sich die Lautstärke durch den Verkehrslärm für die Mieter von derzeit 60 bis 66 auf dann 48 bis 57 Dezibel verringern.
„Wir bekommen leider keine anderen Bauplätze“, erklärt der Vorstand. 450 Genossenschaftsmitglieder seien derzeit auf der Suche nach einer Wohnung, mehr als die Hälfte davon akut. „Wir haben schlicht den Wohnraum nicht und können den derzeitigen Bedarf an zeitgemäßem und benötigtem Wohnraum nicht decken.“ Mietern beziehungsweise deren Angehörigen der Salvador-Allende-Straße 25–45 wolle man eine Erstbezugsmöglichkeit anbieten. Die Bauzeit wird auf zwei Jahre geschätzt.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.