Weg frei für umstrittenes Wohnungsprojekt
Bezirksamt erteilt der Degewo die Baugenehmigung im Kietzer Feld
Bäume wurden gefällt, Sitzbänke abgebaut und Bauzäune aufgestellt. Es sind Vorboten für ein umstrittenes Bauvorhaben im Kietzer Feld. Dort wird die Degewo 300 Wohnungen bauen.
Das landeseigene Unternehmen will damit sein Angebot im Quartier erweitern, dessen Bebauung aus den 50er- und 60er-Jahren datiert. „Wir planen ein nachhaltiges Projekt mit modernen Wohnungen für Familien, Senioren und Singles“, erklärt die Degewo. Inzwischen erteilte das Bezirksamt die Baugenehmigung für den ersten Abschnitt. Dieser umfasst mit rund 170 Wohnungen mehr als die Hälfte der insgesamt geplanten. Ihre Fertigstellung ist für Anfang 2023 vorgesehen. Die bauvorbereitenden Maßnahmen auf dem Grundstück haben im Februar begonnen. Im zweiten Bauabschnitt sollen neben den etwa 130 weiteren Wohnungen eine Kita mit zirka 85 Plätzen und eine Tiefgarage mit mehr als 150 Parkplätzen entstehen. Die Degewo erklärte, damit auf den erwarteten Mehrbedarf an Infrastruktur zu reagieren.
„Dieses Neubauvorhaben ist für den Bezirk von großem Wert. Die rund 300 Wohnungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Entspannung des Wohnungsmarkts und zur Schaffung von bezahlbaren Mieten“, äußerte sich Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD).
Ganz und gar nicht erfreut sind dagegen einige Anwohner, insbesondere jene, die sich in der „Bürgerinitiative Kietzer Feld/Wendenschloß“ zusammengeschlossen haben. Die Initiative gründete sich, um den „Nahverdichtungswahn“ zu stoppen. In dem Projekt sehen die Betroffenen „tiefgreifende, negative Veränderungen für das bisherige, grüne und lebenswerte Wohnumfeld des Kietzer Feldes“.
„Uns ist klar, dass der Bau neuer Wohnungen von den bereits dort Wohnenden nicht nur freudestrahlend begrüßt wird und dass es Bedenken und Einwände gibt“, sagte Degewo-Vorstand Sandra Wehrmann. Sie verwies jedoch auf ein umfassendes Beteiligungskonzept für Mieter und die Nachbarschaft, das seit Oktober 2019 umgesetzt worden sei. „Wir haben von Anfang an nicht nur informiert, sondern auch sehr genau zugehört. Und wir haben unsere Pläne angepasst, verändert, neu gedacht, haben erhalten, abgespeckt. Wir haben reagiert“, so Wehrmann. „Aber: Stadt – das bedeutet Veränderung, bedeutet Bauen. Wer sich entscheidet, in der Stadt zu wohnen, der muss sich dessen bewusst sein.“ Stadtrat Hölmer nannte den Planungsprozess und die Bürgerbeteiligung sogar „vorbildlich“. Die Nachbarschaft habe sich aktiv einbringen, mitdiskutieren und Vorschläge unterbreiten können. Die Ergebnisse der Beteiligung seien ernst genommen, ausgewertet und soweit wie möglich und vertretbar in die Planungen aufgenommen worden.
Für die Bürgerinitiative von Bedeutung sind jedoch nicht nur die neun „klobigen Fünfgeschosser“, die in den Innenhöfen zwischen den Straßen Am Kietzer Feld und Zur Nachtheide gebaut werden. Sie befürchtet auch einen Verkehrskollaps. Hinzukommt, dass wenige Hundert Meter entfernt an der Wendenschloßstraße 330-332 ein weiteres großes Bauprojekt mit dem Namen „Achterdeck“ vorangetrieben wird. Die Kondor Wessels Wohnen Berlin GmbH errichtet 187 hochpreisige Eigentumswohnungen sowie Gewerberäume in acht Gebäuden und eine Tiefgarage.
Wie Degewo und Bezirksamt in einer Presseerklärung betonten, existiere zur verkehrlichen Infrastruktur und der ausreichenden ÖPNV-Versorgung bereits eine konkrete Planung. „So prüft die BVG regelmäßig die Auslastung der Straßenbahnlinie 62 und wird bei erkennbarem Bedarf Fahrzeuge mit einem höheren Platzangebot einsetzen. Auch eine weitere Taktverdichtung wird angedacht“, hieß es.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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