Umstrittene steinerne Faust
Denkmal erinnert seit 1969 an Opfer des Nazi-Regimes
Seit 1969 steht die steinerne Faust von Walter Sutkowski (1890-1983) an der Alten Spree in Köpenick. Das Denkmal erinnert an die Opfer der „Köpenicker Blutwoche“ vom Juni 1933.
Die sechs Meter hohe Stele soll mit der geballten Faust an den Widerstand gegen die Nationalsozialisten erinnern. Zwei Jahre später wurde die Stele mit einer Reliefwand vom gleichen Künstler ergänzt. Auf DDR-typische Propagandaelemente hat Sutkowski damals verzichtet. Das Relief zeigt Familien mit Kindern, Lernende, einen Arbeiter an der Bohrmaschine.
Die Feuerschale am Denkmal weist aber darauf hin, das die Anlage trotzdem für Propagandazwecke missbraucht wurde. Hier erhielten Junge Pioniere ihre Mitgliedsausweise und FDJler marschierten mit Fackeln zum Fahnenappell auf. Auch deshalb war das Denkmal nach 1990 Bestandteil politischer Debatten und Auseinandersetzungen, worauf eine Informationstafel vor Ort hinweist. Sozialdemokraten, die vom SED-Regime verfolgt wurden, kritisierten die Faust, die an den Parteigruß der Kommunisten „Rot Front“ erinnert. Da ein nicht geringer Teil der Opfer der Blutwoche Sozialdemokraten waren, sahen sie in dieser Darstellung eine einseitige Instrumentalisierung des Gedenkens. Vor 20 Jahren hatte sich deshalb eine von der Köpenicker Bezirksverordnetenversammlung eingesetzte Kommission mit der Zukunft der „Faust“ befasst. Ein nach der Wende geforderter Abriss war verworfen und dafür eine Ergänzung des Denkmals favorisiert worden. Der damalige Kulturstadtrat Dirk Retzlaff (PDS, später SPD) und der Leiter des Heimatmuseums Claus-Dieter Sprink hatten vorgeschlagen, eine teildurchlässige Spiegelwand zu montieren, die mit Fotos zum Thema Gewalt und Krieg versehen werden sollte. Außerdem sollte an ein erstes, kurz nach Kriegsende errichtetes Denkmal erinnert werden. Eine Stele aus Ziegeln war 1946 errichtet worden. Den Ersatz durch die „Faust“ von Sutkowski hatten Köpenicker SED-Funktionäre quasi bei sich selbst bestellt. Im Heimatmuseum wurden nach 1990 mehrere Briefe an den Rat des Stadtbezirks Köpenick gefunden, in denen die Briefeschreiber ein repräsentativeres Denkmal einforderten. Vermutlich handelte es sich bei den Autoren dieser Schreiben ebenfalls um Funktionäre.
Zu der von den Bezirksverordneten geforderten Ergänzung ist es dann nicht mehr gekommen – vermutlich aus Kostengründen. Und der frühe Tod (2006) des engagierten und in der DDR politisch verfolgten Museumsleiters Claus-Dieter Sprink mag auch dazu beigetragen haben. Einzig die Informationstafel am Rand des Denkmals und einige historische Zeitungsartikel erinnern an die Auseinandersetzung vor 20 Jahren.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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