Auf Tuchfühlung mit Leguan und Natter
Hausmeister Thomas Hofmann baute am Emmy-Noether-Gymnasium eine Reptilienstation auf
Als Thomas Hofmann die Tür zum Terrarium öffnet, kommt ihm Link gleich entgegen. Der Grüne Leguan ist seine Anwesenheit gewohnt und lässt sich entspannt über den Rücken streicheln. Auch Chamäleon Thor ist sehr zutraulich und läuft dem 61-Jährigen wie selbstverständlich auf dem Arm entlang.
Im nächsten Raum warten unter anderem die Bartagamen Amazon und Prime, Leguan Zelda, Kornnatter Riegel und Chamäleon Gewürzgurke auf Besuch. Die Namen, über die auch Thomas Hofmann immer wieder schmunzeln muss, haben die Schüler des Emmy-Noether-Gymnasiums ausgesucht. Dort ist Hofmann seit 1987 Hausmeister. Zudem ist er Schatzmeister des Fördervereins der Schule. Ihm ist es zu verdanken, dass es mitten im Allende-Viertel eine Reptilienstation gibt.
Geplant war das nicht. Angefangen hat alles 2009. Damals reiste ein Gecko als blinder Passagier im Gepäck eines Biologielehrers der Schule aus dem Ägypten-Urlaub in Berlin ein. Sein Kollege brachte ihm das Tier mit in die Schule. Er habe dann ein Terrarium gebaut. „Nach einiger Zeit haben das die Schüler mitbekommen“, erzählt Thomas Hofmann. „Eine Bartagame war dann das erste Tier, das wir uns angeschafft haben.“ Bartagamen seien leicht zu pflegen und beliebt bei Kindern. Um die Reptilien im Gebäude halten zu dürfen, nahm er an einer Schulung teil und erhielt einen Sachkundenachweis, den die Leitung des Schulamts Treptow-Köpenick finanzierte. Auch das Gesundheitsamt und einen Tierarzt holte er mit ins Boot. Die Schulleitung hatte auch nichts dagegen. Durch Spenden, Fördergelder und Sponsoren konnte Thomas Hofmann in den Jahren darauf immer mehr Terrarien inklusive der technischen Anlagen mit den Schülern bauen, Tiere anschaffen und Futter kaufen. Manche Tiere holte er auch aus dem Tierheim. Er selbst hat lediglich zwei Kater.
Heute nimmt die Reptilienstation zusätzlich zu einem Teil des Foyers einen Klassenraum und zwei kleinere Räume in der ersten Etage ein. Dort wurden auch eine Futterküche und eine Quarantänestation eingerichtet. Letztere wird zum Beispiel benötigt, wenn sich ein Tier verletzt hat oder ein Terrarium umgebaut wird. Insgesamt sind im Emmy-Noether-Gymnasium etwa 200 Tiere von rund 20 Arten untergebracht. Dazu gehören Leguane, Echsen, Gespenstschrecken, Schildkröten, Schlangen wie Kornnattern und eine Königspython, Chamäleons und Geckos. Spinnen und Skorpione sind nicht dabei. Die Kollegen hätten etwas dagegen, berichtet Hofmann.
Für die Schule hat sich die Reptilienstation zur echten Attraktion entwickelt. 40 bis 50 Schüler sind jedes Jahr Teil der Reptilien-Arbeitsgemeinschaft, die sich seit der Gründung großer Beliebtheit erfreut. Die Jungen und Mädchen kümmern sich an den AG-Tagen und abwechselnd in den Hofpausen um die Tiere, füttern diese, säubern die Terrarien und werkeln an der Ausstattung mit. Dabei erwerben sie Kenntnisse über die Haltung und den Umgang mit Tieren. Die Reptilien werden in den Biologieunterricht integriert und sind sogar Bestandteil des Kunstunterrichts, wo sie gemalt werden. Zweimal pro Woche bietet Thomas Hofmann Führungen für Kitagruppen und Schulklassen aus ganz Berlin an (bei Interesse im Sekretariat melden unter Telefon 654 21 60 oder per E-Mail an sekretariat@noether-gymnasium.de). Um die Tiere kümmert er sich inzwischen nicht mehr so intensiv. Das übernehmen jetzt zwei junge Frauen, die ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren.
Die Schüler, so berichtet er, seien sehr fürsorglich im Umgang mit den Tieren. Dennoch sei es wichtig, dass er immer wieder Dinge erklärt und die Aufsicht hat. Einmal habe ein Mädchen ein Terrarium nicht richtig geschlossen. So entwischte ein Gecko. Erst nach zehn Tagen konnte er den flinken Ausreißer einfangen. Für die Zukunft plant Hofmann keinen Ausbau mehr, jedoch eine Modernisierung. Webcams sollen installiert und Messgeräte gebaut werden, die Luftfeuchtigkeit und Helligkeit erfassen können. Auch ist eine Datenbank mit Informationen über jedes Tier geplant. Selbst wenn er in ein paar Jahren in den Ruhestand geht, möchte Thomas Hofmann weiter in der Reptilienstation mithelfen. Die Arbeit mit jungen Menschen macht ihm Spaß. Dass die Kinder gern kommen, sieht er als Erfolg seiner Arbeit an.
Vormerken: Am Donnerstag, 1. Februar 2024, findet im Emmy-Noether-Gymnasium, Pablo-Neruda-Straße 6-7, von 17 bis 20 Uhr ein Tag der offenen Tür statt, an dem auch die Reptilienstation besichtigt werden kann.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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