„Es gibt keinen Grund für schlechte Laune“
Dokumentarfilm von Annekatrin Hendel über den 1. FC Union liefert einen authentischen Blick in das Innenleben des Vereins
Begonnen hat alles 1906 mit Fußball in einem Hinterhof in Oberschöneweide. Eine wechselhafte, nicht immer einfache Geschichte folgte. Lange galt der 1. FC Union Berlin als Underdog. 2019 schaffte er es in die Bundesliga.
„Scheiße, wir steigen auf!“ war damals nicht ganz ernst gemeint auf einem Banner im Stadion zu lesen. Danach reihte sich Erfolg an Erfolg: die Qualifikation für die UEFA Conference League 2021, für die UEFA Europa League 2022 und schließlich 2023 die Teilnahme an der UEFA Champions League, der Königsklasse.
Jetzt gibt es einen Dokumentarfilm über die „Eisernen“. Regisseurin Annekatrin Hendel hat den Club fast zwei Jahre lang, von der Saison 2021/2022 bis zum Eintritt in die Champions League, begleitet. In „Union – Die besten aller Tage“ wirft sie einen persönlichen und authentischen Blick in das Innere des Vereins. Dabei erzählt sie nicht nur ein emotionales Stück Fußballgeschichte, sondern auch vom Balanceakt zwischen erstklassigem Profifußball und der Bodenhaftung, die den einstigen Ostberliner „Arbeiterverein“ bis heute ausmacht.
Annekatrin Hendel, geboren in Ost-Berlin, ist Produzentin, Regisseurin und Drehbuchautorin. 2004 gründete sie ihre Filmproduktionsfirma IT Works! Auf das Phänomen Union ist sie mit dem größer werdenden Rechtsruck und der Frage, was mit den Ostdeutschen los sei, gestoßen. Sie machte sich Gedanken darüber, über wen etwas erzählt werden könnte, wenn man an relevante Potenziale von Ostdeutschen denkt. Dann machte der Verein mit dem Aufstieg in die Bundesliga von sich reden. „Als meine Producerin fragte, warum machen wir eigentlich keinen Film über Union?, zögerte ich nicht und rief den Pressechef bei Union an“, berichtet sie.
Von Anfang an war der Regisseurin klar, dass es ein Film über den Fußballclub als Betrieb werden sollte, über das Team hinter dem Team. „Mir ging es um die Arbeitskultur, den ,Maschinenraum‘, um das Innenleben bei Union, das Alltägliche, das sonst verborgen bleibt“, sagt sie. Auf den Blick in die Kabine hat sie dabei aber bewusst verzichtet, denn sie wusste vom damaligen Trainer Urs Fischer, dass der „Schlüssellochblick“ auch für ihn tabu war. Er vertrat die Meinung, dass die Mannschaft die Freiheit haben soll, ihre Probleme unter sich zu regeln, ohne Einmischung.
Was die Regisseurin am meisten fasziniert hat, war die „Selbstverständlichkeit, mit der die Akteure die Dinge tun, wie sie sie tun. "Für die Mitarbeitenden ist das von außen fast mystisch wirkende Phänomen Union ein normaler Aspekt ihres Lebens“, sagt Hendel. So wie bei Susanne „Susi“ Kopplin, Mannschaftsleiterin, und Mädchen für alles. Sie weiß, welche Spieler abgeschnittene Stutzen brauchen oder wann sie eine warme Decke bereithalten muss. Wenn dann alle Vorbereitungen getroffen sind, ist es für sie das Schönste, runter ins Stadion zu gehen, und „die ersten Fans sind schon da“.
Als Protagonist nicht fehlen darf Mannschaftskapitän Christopher Trimmel. „Jeder hat zu mir gesagt, in der Liga werdet ihr es sehr, sehr schwer haben“, sagt er in einem Trailer zum Film. Aber Katharina Brendel, die Abteilungsleiterin für Sportkommunikation, kennt das richtige Rezept: „Ich bin einfach dafür, dass wir gewinnen, dann wird alles gut.“ Und nach einem Sieg sagt Vereinspräsident Dirk Zingler: „Gestern Abend, da haben wir wieder für die ganze Woche Menschen glücklich gemacht.“ „Es gibt keinen Grund für schlechte Laune“, meint auch Christian Arbeit, Geschäftsführer Kommunikation.
Stimmt, denn der Film endet mit dem triumphalen Einzug in die Champions League. Doch dann wendete sich das Blatt: Union erreichte nur den vierten, den letzten Platz. Und auch aktuell lief es bisher nicht so gut. Vom langjährigen Trainer Fischer trennte sich der Verein Ende 2023 einvernehmlich. Seinen Posten übernahm der Kroate Nenad Bjelica. Das Team um Annekatrin Hendel drehte auch Ereignisse der laufenden, schwierigen Saison. „Aber sie wollten sich einfach nicht einfügen“, sagt die Regisseurin. „Das muss dann wohl Material für einen nächsten Film werden.“
Inzwischen geht es wieder aufwärts. Am 15. März besiegten die Eisernen Werder Bremen mit 2:1. Egal, wie die Spielzeit endet, der 1. FC Union wird seinen Kultstatus wohl nicht verlieren. Die „Eisernen“ – die Bezeichnung geht darauf zurück, dass in früheren Zeiten viele Spieler ihr Geld nebenher in der Eisenverarbeitung verdienten – haben eine überaus treue Fangemeinde. Die zum Beispiel Aktionen wie das Weihnachtssingen organisiert. Spektakulär: Sie haben in der Saison 2008/2009 ihr Stadion An der Alten Försterei größtenteils selbst umgebaut und ihrem Verein Millionen Euro eingespart. Und seit 1998 gibt es die Hymne „Eisern Union!“, gesungen von Nina Hagen.
"Union – Die besten aller Tage" ist eine Produktion von IT WORKS! Medien in Koproduktion mit rbb und WDR, mit Unterstützung von Die Beauftragte für Kultur und Medien (BKM), Filmförderungsanstalt (FFA), Deutschem Filmförderfonds (DFFF) und Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB). Der bundesweite Kinostart ist am 4. April.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.