Auf ein Bier mit „Tusche“
Ein Besuch in der Fußballkneipe des früheren Union-Profis Torsten Mattuschka
Fußballtrikots aus aller Welt hängen an den Wänden und an der Decke. Ultras des 1. FC Union haben mit Graffitikunst bei der Gestaltung geholfen. Am Tresen nehmen die Gäste auf Barhockern mit knallig roter Polsterung Platz. Auf einem hat Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei einem Besuch seine Unterschrift hinterlassen.
Im vergangenen Oktober haben Union-Fan Thomas Lehmann, die in der Gastronomie erfahrene Melanie Gudereit und der frühere Fußballprofi Torsten Mattuschka gemeinsam eine Fußballkneipe eröffnet. Dafür übernahmen sie mitten in der Pandemie die Räume Am Generalshof 3-5 nahe der Köpenicker Bahnhofstraße. Nachdem die Kneipe „Coe“ dort geschlossen hatte, herrschte mehr als ein Jahr Leerstand. Mit viel Unterstützung von Freunden und Bekannten wurde alles komplett entkernt und neugestaltet. Zu den Aufgaben von Torsten Mattuschka gehörte dabei, die Wände zu streichen, schließlich hat er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht.
„Wir sind bewusst dieses Risiko eingegangen und wollten einfach ein positives Signal setzen, dass man in dieser schwierigen Zeit auch ein Business aufmachen und Arbeitsplätze schaffen kann“, sagt er. Im „Tusches Kick & Rush 17“ (Mattuschkas Trikotnummer war die 17) werden nun regelmäßig Fußballspiele, aber auch andere Sportarten übertragen. Es finden Darts-Turniere und Quizabende statt, oft mit ehemaligen Union-Spielern. So oft es ihm zeitlich möglich ist, ist er selbst anwesend, denn viele Gäste kommen auch seinetwegen. „Die Leute freuen sich, mit mir einen coolen Abend zu verbringen.“ Die Gastronomie sei ihm nicht fremd, denn seine Großeltern hatten in der Lausitz eine Kneipe. Sich selbst bezeichnet der gebürtige Cottbusser deshalb als „Kneipenkind“ und „Dorfkind“.
Bis heute ist Torsten Mattuschka (41), der 2018 seine Karriere als Fußballspieler beendet hat, bei den Union-Fans sehr beliebt. Das begründet er unter anderem damit, dass er immer auf dem Boden geblieben sei. Wie kaum ein anderer Spieler hat „Tusche“, wie er von allen nur genannt wird, seine Spuren beim 1. FC Union hinterlassen. Von 2005 bis 2014, von der Oberliga Nordost bis zur Etablierung in der 2. Bundesliga, spielte er für den Verein, war Mannschaftskapitän, absolvierte 272 Spiele und schoss 60 Tore. Das wichtigste war das 2:1-Siegtor im Derby gegen Hertha BSC am 5. Februar 2011 im Olympiastadion. Darauf wird er auch elf Jahre später immer wieder angesprochen. „Das war fast der schlechteste Freistoß, den ich je geschossen habe, aber von der Bedeutung her der wichtigste“, blickt er zurück. Bei den Fans erlangte er spätestens mit diesem Tor Kultstatus. Einen eigenen Fangesang hatten die Anhänger ihm schon zuvor gewidmet. Noch heute stimmen sie im Stadion vor einem Freistoß das „Mattuschka-Lied“ an. „Das erfüllt mich extrem mit Stolz. Da bekomme ich jedes Mal Gänsehaut.“
Dass die Fans ihn nicht vergessen haben, sei ihm viel wichtiger als Pokalgewinne. Die erfolgsreichste Zeit des 1. FC Union, der seit 2019 in der Bundesliga spielt, hat er als Spieler nicht mehr miterleben dürfen. Traurig ist er deshalb aber nicht, vielmehr stolz darauf, dass er mit seinen früheren Teamkollegen die Grundlagen für den späteren Aufstieg geschaffen habe. „Standardsituationen waren meine Waffe. Ich hatte aber nie die Schnelligkeit und Dynamik, die man gebraucht hätte, um in der 1. Liga zu spielen“, gibt er zu. Letztlich durfte er nur viermal in der höchsten Spielklasse auflaufen – für seinen Ausbildungsklub Energie Cottbus, zu dem er später noch einmal zurückkehrte. Eine Karriere wie seine sei in der heutigen Fußballwelt gar nicht mehr möglich, schätzt er.
Aus der aktuellen Union-Mannschaft kennt Tusche zwei Spieler noch persönlich. Mit Sven Michel hat er bei Energie Cottbus zusammengespielt, mit Christopher Trimmel bei Union eine Saisonvorbereitung absolviert, bevor er 2014 den Verein verließ. So oft es geht verfolgt er die Spiele des 1. FC Union, dem er als offizieller Vereinsbotschafter weiterhin eng verbunden bleibt, im Stadion. Ein gefragter Mann ist Torsten Mattuschka auch beim TV-Sender Sky, für den er regelmäßig als Experte und Co-Kommentator für die 2. Liga im Einsatz ist. Außerdem arbeitet er seit 2018 auch als Co-Trainer bei der VSG Altglienicke, die kürzlich das Finale des Berliner Landespokals erreicht hat.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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