„Ein Engagement für den Bezirk“
Mit Heiko Stang hat ein Bühnenprofi die Rolle des Hauptmanns von Köpenick übernommen
„Er hat auf jeden Fall jede Menge Chuzpe bewiesen“, sagt Heiko Stang über Wilhelm Voigt. Der Schuster, der 1906 als Hauptmann verkleidet eine Truppe Soldaten um sich scharrte und die Stadtkasse aus dem Rathaus der damaligen Stadt Cöpenick bei Berlin raubte, ist bis heute als „Hauptmann von Köpenick“ berühmt. Heiko Stang ist nun selbst der Hauptmann.
Beim Volksfest Köpenicker Sommer Mitte Juni hatte der 59-Jährige seinen ersten Auftritt in Uniform als Hauptmann-Darsteller. Dort sei er mit Wohlwollen aufgenommen worden. „Einige kamen auf mich zu und wollten Fotos mit mir machen.“ Er selbst ist ein Profi auf und hinter der Bühne. Seit Anfang der 90er-Jahre ist er in zahlreichen Theaterhäusern aufgetreten, spielte in Produktionen wie „Jesus Christ Superstar“, „Cabaret“, „West Side Story“, „Godspell“, „Der Herr der Ringe“, „Tanz der Vampire“, „Titanic“, „Evita“ und vor der Corona-Pandemie zuletzt die Rolle des Wilhelm Giesecke im Staatstheater Cottbus. Auch in verschiedenen TV-Serien und -filmen hat er zum Cast gehört. Außerdem hat er bei mehreren Musicals Regie geführt. Darüber hinaus singt er, spielt Gitarre, Mundharmonika und Klavier. „Ich hätte gern mehr im Fernsehen gemacht, aber Theaterproduktionen sind sehr langfristig geplant. Da kommt man nicht so schnell aus Engagements heraus“, wie er erzählt.
Für seine bisherigen Engagements als Schauspieler an verschiedenen Theatern ist er viel herumgekommen. Zwischenzeitlich hat er in Hamburg, Köln und Wien gewohnt. Die Entfernung zu seiner Familie, die währenddessen immer in Berlin geblieben ist, wurde jedoch irgendwann zur Belastung. „Vor ein paar Jahren habe ich deshalb angefangen, mir Engagements in der Umgebung zu suchen.“ Seit 2002 wohnt Heiko Stang, der in Baumschulenweg aufgewachsen ist, mit seiner Frau in Grünau. Sein erwachsener Sohn hat auch mal versucht, ihm nachzueifern, sein Schauspielstudium jedoch nach zwei Jahren abgebrochen und stattdessen Jura studiert.
Pandemiebedingt ist der erfahrene Theatermacher mittlerweile kaum noch auf Bühnen zu sehen. Nach dem Corona-Ausbruch, wodurch die Kulturszene lange Zeit zum Erliegen gekommen war, hat sich Heiko Stang umorientiert. Seitdem ist der gelernte Nachrichtentechniker in einer Hausverwaltung angestellt, der Firma „Stang Immobilienmanagement GmbH“ seiner Frau. Durch seine Rolle als Hauptmann bleibt er allerdings auch weiterhin schauspielerisch aktiv.
Mit der Historie ist er seit Langem vertraut. Im Sommer 2015 feierte in Köpenick die Musicaladaption von Carl Zuckmayers „Der Hauptmann von Köpenick“ ihre Uraufführung. Stang schrieb dafür die Musik und die Liedtexte, führte außerdem Regie. Bis 2017 gab es mehr als 100 Vorstellungen in Berlin. Sogar aus der Schweiz reisten Besucher an, um diese zu sehen. Zur Vorbereitung hatte er sich lange mit dem Theaterstück von Carl Zuckmayer beschäftigt und dessen filmischen Adaptionen mit Max Adalbert (1931), Heinz Rühmann (1956) und Harald Juhnke (1997) in den Hauptrollen als Wilhelm Voigt. Der „echte“ Hauptmann von Köpenick sei ein Kleinkrimineller gewesen. Carl Zuckmayer aber habe aus der Person etwas anderes gemacht, „eine liebevolle, tragische Figur“, die sich gegen das gesellschaftliche System zur Wehr gesetzt habe. Ganz ohne den preußischen Militarismus. „Es sollte mehr Kultur in die Randbezirke kommen. Das wollte ich mit meinem Musical erreichen.“
Um die Hauptmann-Rolle nun selbst verkörpern zu dürfen, hat sich Heiko Stang in einem Bewerbungsverfahren durchgesetzt. Dabei habe er anfangs gar nicht daran gedacht, sich zu bewerben, wie er berichtet. Als der Tourismusverein Treptow-Köpenick im Mai per Stellenausschreibung einen neuen Hauptmann-Darsteller gesucht hat, leitete er die Anzeige zunächst an den ehemaligen Hauptdarsteller seines Musicals, Maximilian Nowka, weiter. Umentschieden habe er sich, weil er vom Tourismusverein dazu ermuntert worden sei. „Ich sehe das als Engagement für den Bezirk.“ Dazu gehöre auch, für Menschen, die Probleme mit der Verwaltung haben, eine Art „Kummerkasten“ zu sein. Er habe jetzt einen „guten Draht“ zum Bürgermeister, könne auch mal in Uniform mitkommen und Anliegen vortragen, so sein Angebot.
Per E-Mail an hauptmann@tkt-berlin.de kann Heiko Stang kontaktiert werden.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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