Ausstellung erinnert an die "Köpenicker Blutwoche"

Annette Indetzky, zuständig für die Museen im Bezirk, und Stadtrat Svend Simdorn in einer originalen Zelle der früheren SA-Folterhölle. | Foto: Ralf Drescher
  • Annette Indetzky, zuständig für die Museen im Bezirk, und Stadtrat Svend Simdorn in einer originalen Zelle der früheren SA-Folterhölle.
  • Foto: Ralf Drescher
  • hochgeladen von Ralf Drescher

Köpenick. Vom 21. bis 26. Juni 1933 drangsalierten, verhafteten und folterten SA-Männer in Köpenick mehrere Hundert Nazigegner, mindestens 24 von ihnen wurden getötet. Die Ereignisse sind als "Köpenicker Blutwoche" in die Geschichte eingegangen.

Mit den Übergriffen in Köpenick trat der Terror der Nationalsozialisten erstmals offen zutage. Die Gedenkstätte im früheren Amtsgerichtsgefängnis an der Puchanstraße, in der sich eine Folterstätte der SA befand, wurde zum 80. Jahrestag der Mordaktion jetzt neu gestaltet.Die Ausstellung stammte zu großen Teilen noch von 1995. Erstmals werden auch der Umgang der DDR mit dem Ereignis und die Nutzung für die antifaschistische Propaganda vermittelt. Kurator ist der Historiker Stefan Hördler, der nach seiner Promotion an der Humboldt-Uni am Deutschen Historischen Institut in Washington arbeitet. "Wir haben Erkenntnisse, dass die Blutwoche kein lokales Ereignis war. Die SA-Leute in Köpenick haben nicht auf eigene Faust zugeschlagen. Es gibt Belege für die Einbeziehung der NSDAP-Gauführung Berlin und des Propagandaministers Joseph Goebbels", sagt der Historiker.

Ein Beleg für den überregionalen Bezug der Mordaktion ist ein Film vom 26. Juni 1933. Dort wird die Beisetzung von drei durch den Nazigegner Anton Schmaus in Notwehr erschossenen SA-Männern gezeigt. Die Trauerrede auf dem Friedhof Rudower Straße hielt Goebbels persönlich. "Der Film ist mit Ton aufgenommen. Damit konnten wir nachweisen, dass hohe Vertreter von Partei und SA an der propagandistisch aufgezogenen Beerdigung teilgenommen haben, darunter August Wilhelm von Preußen, Sohn des letzten Kaisers und SA-Obergruppenführer. Was bei der Beisetzung der SA-Mörder deutlich wird, ist die Tatsache, dass zahlreiche Berliner die Handlungen der Nazis im Sommer 1933 bereits akzeptieren. "Wir sehen, dass Tausende Anwohner nicht nur am Straßenrand stehen, sondern die Särge der SA-Männer stramm mit dem Hitlergruß ehren", stellt Historiker Hördler fest. Der Film wurde im Holocaust-Museum Washington gefunden, er wird künftig in der Ausstellung der Gedenkstätte gezeigt.

Die unvollständige Namensliste der ermordeten Nazigegner, die bisher im 1933 als Folterkammer missbrauchten Betsaal der Gefängnisanlage hing, wurde durch ausführliche Biografien ersetzt.

Die Neugestaltung der Ausstellung hat 50 000 Euro gekostet, darunter 15 000 Euro Fördermittel aus dem Hauptstadtkulturfonds. Den Rest trägt der Bezirk.

Geöffnet ist in der Puchanstraße 12 donnerstags von 10 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Andere Termine und Führungen für Gruppen können unter 902 97 33 50 vereinbart werden. Der neue Internetauftritt ist unter www.gedenkstaette-koepenicker-blutwoche.org abrufbar.
Ralf Drescher / RD
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.760× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 2.104× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.716× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.626× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.