Ehemaliges Seniorenheim wird zur Heimat auf Zeit
Ab 1. November ziehen in der Salvador-Allende-Straße 91 bis zu 150 Flüchtlinge ein. "Die Bezirke sind verpflichtet, geeignete Unterkünfte für Flüchtlinge bereit zu stellen. Wir haben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales das frühere Seniorenheim vorgeschlagen", teilt Bürgermeister Oliver Igel (SPD) mit. Inzwischen hat das Bezirksamt mit dem örtlichen Mieterbeirat und Bürgervereinen gesprochen. In den nächsten Tagen bekommen alle Anwohner Post, in der Fragen zur Sicherheit um das Heim und zur Betreuung der Flüchtlinge beantwortet werden. Außerdem soll es eine Anwohnerversammlung geben.Beim Mieterbeirat des Allende-Viertels hält sich die Aufregung in Grenzen. Eine Situation wie in Hellersdorf, wo die Errichtung eines Flüchtlingsheims zu hasserfüllten öffentlichen Auftritten brauner Krakeeler geführt hatte, will man unbedingt vermeiden. "Wir denken lieber darüber nach, wie wir als Anwohner die Flüchtlinge unterstützen können. Ich könnte mir vorstellen, dass wir beim Bau eines Spielplatzes helfen, den früheren Garten des Seniorenheims wieder herrichten oder Kleidung für die Flüchtlinge zur Verfügung stellen", sagt Eberhard Aurich, Leiter des Mieterbeirats.
Betrieben werden soll das Heim vom Evangelischen Jugendfürsorgewerk, einem gemeinnützigen Unternehmen. Es betreibt unter anderem Kitas, Familienberatungsstellen und Wohneinrichtungen für Kinder und Jugendliche. Die Nutzung des 40 Jahre alten früheren Seniorenheims soll höchstens bis Ende 2014 dauern. Dann ist der Abriss geplant, die örtliche Wohnungsbaugenossenschaft "Amtsfeld" möchte auf dem Grundstück Wohnungen für Senioren und eine Kita errichten.
"Ich hoffe bis dahin auf eine gute Nachbarschaft mit den Flüchtlingen. Vielleicht ist ja etwas von der Solidarität übrig geblieben, mit der die Bewohner des Allende-Viertels im Jahr 1973 die politischen Flüchtlinge aus Chile unterstützt haben", meint Eberhard Aurich vom Mieterbeirat.
Flüchtlinge sind Nachbarn
Ein Kommentar von Ralf Drescher
Es gibt tausend Gründe, seine Heimat verlassen zu müssen. Vor nicht einmal einem Vierteljahrhundert traf das auch viele Ostdeutsche, die die untergehende DDR über Ungarn oder Prag verließen. Inzwischen müssen Deutsche nicht mehr fliehen, Menschen in vielen Krisengebieten oder Diktaturen haben dieses Glück nicht.
Zehntausende von ihnen klopfen pro Jahr auch an unsere Türen und ein Teil von ihnen kommt nach Berlin. Sie haben anderes verdient als das volksverhetzende Geschrei selbst ernannter brauner Saubermänner. Sie haben Anspruch auf unser Mitgefühl und unsere Solidarität. Was können wir ihnen denn bieten, dort am Rand des Allende-Viertels in Köpenick? Nur ein altes Seniorenheim, das zur Unterbringung von alten Menschen eigentlich nicht mehr geeignet war und durch einen Neubau ersetzt wurde. Da ist es sicher nicht zuviel verlangt, wenn die Anwohner ihren neuen Nachbarn auf Zeit mit Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit begegnen und vielleicht helfen, bei Interesse des Heimbetreibers die Unterkunft etwas schöner zu gestalten. Was die Damen und Herren von NPD und Co. darüber denken, sollte uns Demokraten wirklich nicht interessieren.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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