Ein Rückblick auf 52 spannende Wochen in Ihrem Kiez (I)
Januar: Das Kulturwerk Schöneweide, das unter anderem durch Stummfilmkonzerte in den Reinbeckhallen bekannt geworden ist, gibt nach zehn Jahren auf. Mehrere Umzüge und sinkende Besucherzahlen haben den Verein ausgelaugt, er hat Insolvenz angemeldet. Im Köpenicker Rathaus werden seit Jahrzehnten fehlende Jugendstilfliesen ersetzt. Der Heimatverein hatte die passenden Fliesen für rund 500 Euro gekauft, eine kam sogar aus den USA.
Februar: Für den Müggelturm soll es eine neue Chance geben. Der Liegenschaftsfonds hat den Vertrag mit Investor Marc Förste gelöst, möchte das denkmalgeschützte Areal an den Immobilienentwickler Große aus Wendenschloß geben. Förste klagt vor Gericht gegen die Rückgabe, verliert und legt Revision ein. Auch zum Jahresende bleibt die Rettung des Müggelturm so blockiert.
Die Zitterpartie um das "Haus der Begegnung" in der Wendenschloßstraße beginnt. Die Jewish Claimes Conference hat die vom Bezirk genutzte Immobilie zur Versteigerung angemeldet. Nach mehreren Wochen einigt man sich, der Bezirk zahlt, JCC gibt das von einem Ruderverein und einem Kiezklub genutzte Haus frei.
März: Die Schmöckwitz-Grünauer-Uferbahn, heute Tram 68, wird 100 Jahre alt. Die BVG spendiert der Strecke für 18 Millionen Euro eine Grunderneuerung.
An der Bahnhofstraße in Köpenick geht der Richtkranz hoch. Nach mehreren vergeblichen Versuchen anderer Investoren hat die B & L-Gruppe aus Hamburg mit dem Bau eines Geschäftshauses begonnen. Jetzt ist der Rohbau fertig.
April: Beginn der Sanierungsarbeiten der Tram 68. Gebaut werden für Niederflurwagen geeignete Bahnsteige und neue Gleise. Das Neue Berliner Straßenbahngleis mit Rasen im Gleisbett wird allerdings später von Wildschweinen umgewühlt.
Die Kleiderkammer in der Wilhelminenhofstraße ruft zu Spenden auf. Innerhalb einer Woche kommen rund 60 Berliner-Woche-Leser und liefern Säcke mit Oberbekleidung, Bettwäsche und sogar fabrikneu eingeschweißter Unterwäsche ab.
Mai: Aktionskünstler Gunter Demnig kommt wieder in den Bezirk, um Stolpersteine zu verlegen. Vor dem Haus Hirschgartenstraße 2 erinnern zwei Steine mit Messingplaketten an Lydia und Max Gusyk. Die waren wegen ihrer jüdischen Herkunft 1943 von den Nationalsozialisten nach Auschwitz deportiert und ermordet worden.
Der Bezirk muss sparen. Die Senatsverwaltung für Finanzen fordert, bis 2016 gut 300 Stellen abzubauen. In Bereichen wie Ordnungs- oder Bürgeramt droht akute Personalnot.
Der Adlershofer Tauchsportklub taucht zwischen Baumgarteninsel und Mecklenburger Dorf ab und befreit die Alte Spree von Unrat. Gefunden werden Einkaufswagen, zahlreiche Fahrräder, Parkbänke und sogar ein alter Briefkasten der Deutschen Post der DDR.
Juni: Die Parkeisenbahn steht ohne Führung da. Der langjährige Geschäftsführer Ernst Heumann war zurückgetreten, nachdem er im rbb-Fernsehen zugeben musste, bereits 2002 von Missbrauchsvorwürfen erfahren zu haben, ohne das juristische Konsequenzen eingeleitet wurden.
Juli: Waltraud Amlow, Köpenicks bekannteste Waschfrau, und Mitbegründerin des Wäschereimuseums starb am 3. Juli, Waltraud Amlow wurde 76 Jahre alt.
An der Alten Försterei wird der Grundstein für eine neue Tribüne gelegt. Rund 2000 Union-Fans sind beim Baubeginn für die 15 Millionen Euro teure Tribüne, die Teil der Stadionmodernisierung ist, dabei.
August: Die Lange Brücke ist trotz Sanierung vor 15 Jahren marode. Bei mehreren Bauwerksprüfungen war der schlechte Zustand des 1891 errichteten Ziegelbaus gefunden worden, auch die Behelfsbrücken wurden nur mit "befriedigend" beurteilt. Nun denkt man in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung über einen Neubau nach.
In der Bahnhofstraße öffnet das neue Geschäftshaus Elcknerplatz. Kunden finden dort Modegeschäfte, einen Drogeriemarkt und einen Saturn-Elektronikmarkt.
September: Das Museum im Wasserwerk feiert 25. Jubiläum. In einem Vierteljahrhundert gab es 24 Sonderausstellungen, rund 300 000 Besucher bestaunten im früheren Schöpfmaschinenhaus von 1893 die alte Dampfmaschine und andere Technik, die zur Trinkwassergewinnung genutzt wurde.
Erwin Schulz, Nazigegner und einer der letzten "Moorsoldaten", stirbt mit 99 Jahren. Er war einer der Initiatoren der Gedenkstätte "Köpenicker Blutwoche".
Oktober: Die Hauptmanngarde steht vor dem Aus. Nach einem Hilferuf in unserer Zeitung melden sich über zehn Freiwillige. Damit ist die Garde gerettet, dafür werden jetzt neue Uniformen benötigt.
Das Volksbegehren für ein Nachtflugverbot ist gescheitert, es fehlen über 13 000 Unterschriften. Selbst Bürgermeister Oliver Igel hatte Unterschriften gesammelt.
November: Die Köpenicker kommen jetzt schneller zur Autobahn. Der Glienicker Weg ist nach dreijähriger Bauzeit fertig. Jetzt geht es zweispurig von der Straße an der Wuhlheide bis zum Adlergestell und weiter bis zur Autobahnauffahrt Adlershof.
Marco Noack-Ihlenfeld und Daniel Dilewski sind Lebensretter. Die Angler haben zwei Schmöckwitzer Ruderer auf dem Seddinsee vor dem Ertrinken gerettet. Klaus G., der Ältere der Verunglückten, lag vor Weihnachten immer noch im Koma und wird jetzt in einer Reha-Klinik behandelt.
Dezember: Im Abschiebegewahrsam an der Grünauer Straße stehen die meisten Zellen leer. Während vor zehn Jahren noch über 700 Insassen gezählt wurden, saßen in den letzten Monaten oft gerade einmal zehn Personen ein. Dafür standen weiterhin 180 Mitarbeiter bereit. Das Land Berlin denkt über die Schließung der Einrichtung und die gemeinsame Unterbringung von Abschiebehäftlingen mit Brandenburg nach.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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