Gegen soziale Isolation
Verein „Wolf und Else“ stärkt den Zusammenhalt im Märchenviertel
Vom S-Bahnhof Köpenick liegt es nur etwa eine Viertelstunde zu Fuß entfernt, doch der Trubel und der Lärm sind hier nicht zu vernehmen. Der Wald ist ganz nah, es ist ruhig und friedlich. Die schmalen Straßen sind benannt nach Schneewittchen, Rotkäppchen, Frau Holle und Dornröschen. Hier im Köpenicker Norden befindet sich das idyllische Märchenviertel.
Drei Frauen, die dort seit Langem zu Hause sind, haben sich zusammengeschlossen und einen Verein gegründet. Sie wollen bürgerschaftliches Engagement fördern, die Bewohner zusammenbringen und ansässige Künstler unterstützen. Ihre erste Aktion war gleich ein voller Erfolg. Am 10. Dezember vergangenen Jahres organisierten sie einen Weihnachtsmarkt auf dem Essenplatz, wo der am S-Bahnhof Köpenick beginnende Stellingdamm endet. 25 Stände wurden aufgebaut, die Händler sorgfältig ausgesucht. Viele Kreative aus dem Viertel waren mit dabei. Es gab auch eine Bühne mit einem Showprogramm. Um den Weihnachtsmarkt organisieren zu können, wurden erfolgreich Fördermittel über die Kiezkasse Köpenick-Nord und das FEIN-Programm beantragt und zudem Spenden gesammelt. Die Resonanz der Menschen sei enorm groß gewesen und habe noch Wochen nachgehallt, erzählen die drei Initiatorinnen. Ein paar Tausend Menschen, viel mehr als erwartet, seien vorbeigekommen. Der Plan, dass sich die Nachbarn auf dem Markt treffen und sich kennenlernen, sei aufgegangen.
Seinen Anfang nahm der Verein „Wolf und Else“, der aus derzeit acht Mitgliedern besteht, mit der Gründung im Juni 2022. Der Vereinsname kombiniert die Namen der Siedlungen Wolfsgarten und Elsengrund im Köpenicker Norden. Als Erkennungsmerkmal des Vereins wurden „Wolf und Else“ als Märchenfiguren erfunden und illustriert. Ohne die Initiative von drei engagierten Anwohnerinnen wäre er nicht zustande gekommen. Die Schauspielerin Caroline Scholze (47) wohnt seit 2006 im Märchenviertel. Aufgewachsen ist sie in Friedrichshain. Nina Hübinger (42) kommt ursprünglich aus Wendenschloß, lebt aber bereits seit 16 Jahren im Märchenviertel. Sie hat Soziale Arbeit mit Masterabschluss studiert, arbeitet unter anderem an Freien Schulen mit Kindern. Claudia Püschel (49), die aus Leipzig stammt, ist noch länger im Märchenviertel heimisch. Sie zog 2001 in die Siedlung. Die Erzieherin betreibt seit 15 Jahren das Keramikatelier „Jolejo“ in der Kinzerallee 21.
Caroline Scholze und Nina Hübinger besuchten vor vielen Jahren unabhängig voneinander einen Töpferkurs bei Claudia Püschel, die als Erzieherin früher noch die Kinder von Nina Hübinger betreut hat. Caroline Scholze lernte Nina Hübinger wiederum durch einen Zufall kennen. Bei einem starken Gewitter verlor sie einst ihr Handy, das von Hübingers Sohn gefunden wurde. Die Idee, den Zusammenhalt im Märchenviertel zu stärken, hatten sie bereits vor dem ersten Corona-Lockdown. Damals liefen sie gemeinsam über den Essenplatz und kamen auf die Idee, wie schön es wäre, dort mal einen Markt zu veranstalten. Ihre Pläne wurden dann zunächst von der Pandemie durchkreuzt. Diese bestärkte sie letztlich aber sogar, denn während der Pandemie hatten viele Menschen über lange Zeit kaum noch persönliche Kontakte. Mit ihrem Engagement wollen sie daher auch der sozialen Isolation entgegenwirken. „Viele haben uns gesagt, dass es eine schöne Initiative ist und sie das ganz toll finden“, berichtet Claudia Püschel.
Für die Zukunft sprudeln bei den dreien weiter die Ideen. Bereits feststeht, dass es am 9. Dezember einen zweiten Weihnachtsmarkt auf dem Essenplatz geben wird. Außerdem arbeiten sie derzeit an einem Märchenrundgang mit Puppenspielern. Diese sollen beim Tag des offenen Denkmals am 10. September die Märchen in den jeweils nach ihnen benannten Straßen im Viertel für Kinder spielen. Dafür haben sie Kontakt zum bereits länger bestehenden Verein „Bürger für das Märchenviertel und den Elsengrund“ aufgenommen. Außerdem sollen im kommenden Jahr auf dem Gelände der Merian-Schule Flohmärkte und andere Veranstaltungen stattfinden, die sich die Bewohner wünschen. Langfristig hoffen Caroline Scholze, Nina Hübinger und Claudia Püschel auf ein eigenes Nachbarschaftszentrum für die Gegend auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Köpenick, wo zukünftig ein neues Wohnquartier gebaut wird.
Infos zum Verein, der immer auf der Suche nach Unterstützung ist, gibt es unter sites.google.com/view/wolfundelse.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.