Der lange Kampf um die Eiche A 6
Rund 150 Jahre alter Baum gefällt
Mehrere Menschenleben lang stand die markante Eiche am Brandenburgplatz. Jetzt wurde sie gefällt. Am 20. Juli hat eine Fachfirma den Baum abgetragen und den Stubben entfernt.
Nach rund acht Stunden Arbeit war außer ein paar Spänen nicht mehr viel von dem Baum, der seit Jahrzehnten markant auf einer Insel der Seelenbinderstraße stand, zu sehen. Rund zwei Wochen später zeigt Bauminspektorin Olga Toepfer vom Straßen- und Grünflächenamt, welche Spuren der 20 Meter hohe Baum in der Datenbank der Verwaltung hinterlassen hat.
„Die Eiche A 6, wie der Baum im Kataster bezeichnet wird, stammte von 1867 und hatte zuletzt einen Umfang von vier Metern. Er war seit 1996 als Naturdenkmal eingetragen. Die 150 Jahre, die der Baum gelebt hat, sind eigentlich für eine Eiche kein Alter“, erklärt Bauminspektorin Toepfer. Die letzten Jahrzehnte hatte die Eiche keine guten Lebensbedingungen mehr. Inzwischen führte die Seelenbinderstraße auf beiden Seiten dicht am Baum vorbei, die Straßenbahn ratterte fast durchs Blätterdach. Damit die Äste nicht in die Oberleitung wuchsen, wurde der Baum immer wieder beschnitten. „Besonders die vielen Verkehrsunfälle haben dem Baum stark zugesetzt.
Bereits 1993 wurden erste Stammschäden durch Unfälle dokumentiert. Immer wieder sind unvorsichtige Autofahrer gegen den Baum geprallt“, erzählt Olga Toepfer. Im Jahr 2001 wurde der Baum gemeinsam mit Naturschützern umfangreich in Augenschein genommen. Danach gab es erste Sicherungsmaßnahmen, ein paar Findlinge sollten dem Baum vor aufprallenden Autos schützen. Erst 2009 wurde die Mittelinsel mit dem Baum durch eine Leitplanke geschützt. „Wir haben uns mehrere Jahre für diese zusätzliche Sicherung eingesetzt“, berichtet Olga Toepfer.
Nicht mehr zu retten
Bereits Anfang des Jahrtausends waren an der Eiche Pilzschäden durch den Lackporling nachgewiesen worden, seitdem wurde der Baum jedes Jahr untersucht. Bei der letzten Untersuchung am 20. Februar dieses Jahres stand dann fest: Die Standsicherheit ist nicht mehr gegeben, der Baum muss aus Sicherheitsgründen gefällt werden. „Unsere Kollegin hat mehrere Probebohrungen durchgeführt. Dabei wird der Widerstand gemessen, den das Holz dem Bohrer entgegensetzt und die Messwerte am Computer grafisch sichtbar gemacht. In einem Meter Höhe haben wir festes Holz festgestellt. Bei einer weiteren Bohrung einen Zentimeter über dem Boden hat der Bohrer nach sechs Zentimetern abgeschaltet, weil das zerbröselnde Holz keinen Widerstand mehr bot“, berichtet Toepfer.
Ersatz wird es für die Eiche A 6 nicht geben, zumindest nicht an diesem Standort. Nach Aussage der Bauminspektorin bekommt die rege Bautätigkeit in der Stadt Berlins Bäumen nicht. Leitungen werden dicht an Bäumen verlegt, dabei aus Versehen – und gelegentlich wohl auch mit Absicht – Wurzeln gekappt.
Beim Bau einer Straßenbahnhaltestelle an der Vetschauer Allee waren 2013 die Wurzeln von 20 Linden zerstört worden. Die BVG gab nach Bürgerprotesten 40 000 Euro für Neupflanzungen aus. Auch an der Mittelinsel an der Seelenbinderstraße rücken demnächst Bauleute an. „Die wird zurückgebaut und wieder Straßenland“, sagt Bauminspektorin Olga Toepfer.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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