Mit dem Bahnhof kam die Bahnhofstraße

Das Bahnhofsgebäude wurde 1902 eingeweiht. | Foto: Ralf Drescher
6Bilder
  • Das Bahnhofsgebäude wurde 1902 eingeweiht.
  • Foto: Ralf Drescher
  • hochgeladen von Ralf Drescher

In Berlin gibt es acht Bahnhofstraßen, eine davon befindet sich in Treptow-Köpenick. Sie trägt ihren Namen schon über 170 Jahre.

Zur Bahnhofstraße gehört naturgemäß ein Bahnhof. Für die kleine Gemeinde Cöpenick, damals weit vor den Toren von Berlin, muss der 23. Oktober 1842 ein großer Tag gewesen sein. Erstmals näherte sich ein eisernes, funkenspeiendes Ungetüm, um auf dem Weg von Berlin nach Frankfurt/Oder in Köpenick Station zu machen. Mit der Eröffnung der Berlin-Frankfurter Eisenbahn an diesem Tag erhielt die Stadt zwischen Spree und Dahme Anschluss an die Welt.

Und weil der Bahnhof weit vor den Toren Cöpenicks war, wurde die Bahnhofstraße angelegt, auf der fortan Kutschen die reiselustigen Einwohner zum Bahnhof brachten. Im Jahr 1883 wurden dann Gleise zur heutigen Altstadt verlegt und den Transport der Fahrgäste übernahm eine Pferdebahn. Die hatte jedoch nur zwei Jahrzehnte bestand. Stadtrat Hugo Schüßler (1847-1908) sorgte dafür, dass die Gemeinde eine elektrische Straßenbahn bekam. Ab 1903 verband die „Elektrische“ den Bahnhof über die inzwischen bebaute Bahnhofstraße mit der Altstadt. Bis auch auf den Reichsbahngleisen elektrisch gefahren wurde, verging noch einmal ein Vierteljahrhundert. Am 11. Juni 1928 nahm die Berliner S-Bahn auf der Strecke zwischen Berlin und Erkner den elektrischen Betrieb auf.

Zu DDR-Zeiten war die Bahnhofstraße neben der Bölschestraße eine der Einkaufsmeilen im damaligen Bezirk Köpenick. Viele Geschäfte wurden von Privaten betrieben, deren Angebote waren oft besser und am Kundenbedarf orientiert als in den staatlichen Läden. Das Ende der DDR erfasste auch erst einmal die Geschäftsleute der Bahnhofstraße. Der Autor dieses Betrags hat es selbst erlebt, wie Mitarbeiter der Kaffeerösterei Bero-Kaffee kurz vor der Währungsunion 1990 vom Campingtisch aus ihre kaum noch verkäufliche Produktion verramschten. Und für 60 DDR-Mark habe ich mir damals beim privaten Radiohändler Wuntke für meine Dunkelkammer ein einst 1000 Mark teures hochwertiges Stereoradio gekauft.

Wenig später ging es mit der Bahnhofstraße wieder bergauf. Ein Einkaufszentrum und ein Geschäftshaus, beide in Bahnhofsnähe, ergänzen inzwischen die Angebote der Einzelhändler. Andere Pläne, zum Beispiel ein Kinobau, wurden zum Glück nicht realisiert. Ebenfalls nicht umgesetzt wurde der Vorschlag eines SPD-Politikers, die Bahnhofstraße in Hauptmann-von-Köpenick-Allee umzubenennen.

Eine inzwischen fast schon unendliche Geschichte verbindet sich mit der Zukunft des Bahnhofs. Bald nach der Wiedervereinigung gab es Forderungen, die S-Bahnstation zum Regionalbahnhof aufzuwerten. Erste Pläne gingen von der Inbetriebnahme bis 2007 aus. Danach hatte die Bahn die Pläne mehrfach geändert und wollte zeitweilig ganz auf den Umbau verzichten. Inzwischen haben sich die Deutsche Bahn und das Land Berlin geeinigt. Ab 2021 soll der Regionalbahnhof Köpenick gebaut werden, 2027 dann die Inbetriebnahme erfolgen.

Wer die Bahnhofstraße entlang läuft, findet mehrere steinerne Zeitzeugen des alten Köpenick, so zwei Fachwerkbauten am früheren Mecklenburger Dorf. Sie wurden Anfang des 20. Jahrhunderts für ein Abwasserpumpwerk und als Trafostation der neuen Straßenbahn errichtet und dienen noch heute den Berliner Wasserbetrieben und der BVG. Das mächtige Schulgebäude an der Ecke Lindenstraße ist heute ein privates Gymnasium.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 480× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 767× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 748× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.141× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.