Volksbelustigung wird nicht gestattet
Steht das Strandbad Tegel vor dem Aus?

Die noch nicht reaktivierte Uhr im Strandbad steht auf 12.  | Foto: Thomas Frey
3Bilder
  • Die noch nicht reaktivierte Uhr im Strandbad steht auf 12.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Im August 2020 hat der Verein Neue Nachbarschaft Moabit über seine Strandbad Tegelsee gGmbH das lange geschlossene Naturfreibad Tegel übernommen. In der abgelaufenen Saison sind rund 40 000 Gäste gezählt worden, ungefähr doppelt so viele wie im ersten Jahr.

Das war die erfreuliche Nachricht, die Udo Bockemühl, Vertreter der Betreiber, bei einem Vor-Ort-Termin des BVV-Wirtschaftsausschusses am 6. Oktober mitteilen konnte. Er hatte aber auch weniger Positives und sogar Existenzgefährdendes zu berichten.

Ein Problem ist die noch immer unzureichende Abwasserentsorgung. Nur für einen kleinen Teil ist die bisher gewährleistet. Für den größeren Bereich, vor allem das Restaurant, müssen neue Leitungen gelegt werden. Das erwies sich aber aus mehreren Gründen als schwierig. Baumwurzeln oder das Grundwasser stehen als Hindernisse im Weg. Inzwischen scheint eine akzeptierte Abwassertrasse gefunden. Mit ihrer Genehmigung ist allerdings erst im kommenden Jahr zu rechnen. In Betrieb gehen könnte sie 2024. Erst dann wäre auch das Restaurant geöffnet.

Udo Bockemühl (Zweiter von rechts), mit Bürgermeister Brockhausen (Tweiter von links) und Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses beim Vor-Ort-Termin.  | Foto:  Thomas Frey
  • Udo Bockemühl (Zweiter von rechts), mit Bürgermeister Brockhausen (Tweiter von links) und Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses beim Vor-Ort-Termin.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Das wäre zwar verzögert, aber immerhin ein Ergebnis. Aber es gibt noch ein weitaus größeres Problem. Das Konzept der Betreiber beinhaltete zahlreiche Veranstaltungen, erklärte Udo Bockemühl. Nicht zuletzt im Restaurant. Dagegen gäbe es aber einen Einspruch der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Denn das Bad liegt in der erweiterten Schutzzone des Wasserschutzgebiets Tegel. Dort seien Veranstaltungen seit 1995 verboten, bestätigte die Senatsverwaltung auf Nachfrage der Berliner Woche. Unter Veranstaltungen seien konkret Markttreiben und Ausstellungen zu verstehen sowie alles, was der Volksbelustigung dient, zitierte Udo Bockemühl aus dem entsprechenden Passus. Vor allem die letztgenannte Einschränkung wird zur Barriere. Denn als Volksbelustigung lässt sich so ziemlich alles einordnen. Nur das Bad selbst ist davon ausgenommen, weil es bereits lange vor 1995 existierte.

Ohne Veranstaltungen ließe sich die Anlage nicht wirtschaftlich führen, beteuerte Bockemühl. Einnahmen durch Badegäste würden nach seiner Rechnung nur etwa 15 Prozent zum Etat beitragen. Das gelte, so meint er, nicht nur für den Standort am Tegeler See, wo Kinder und Jugendliche freien Eintritt haben und Erwachsene lediglich drei Euro bezahlen.

Auf der Anlage gibt es noch einiges zu sanieren und reparieren. | Foto: Thomas Frey
  • Auf der Anlage gibt es noch einiges zu sanieren und reparieren.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Die Investitionen, unter anderem für den Umbau des Restaurants, würden von einem privaten Gönner bezahlt. Allerdings unter der Maßgabe, dass sie sich danach auch rechnen. Bleibe es bei den Vorgaben, fehle die entsprechende Geschäftsgrundlage. Damit mache der Betrieb keinen Sinn, wäre eigentlich ein Ausstieg zwingend.

Die Ausschussmitglieder waren einigermaßen konsterniert. Eine erneute Schließung gelte es unbedingt zu verhindern, war sehr schnell der Tenor. Nicht zuletzt, weil sich unter den gegebenen Umständen kaum ein Nachfolger finden ließe. Auch die Verbotslogik wurde hinterfragt. Auf der einen Seite könnten sich hier Hunderte Badegäste gleichzeitig aufhalten. Auf der anderen Seite weitaus weniger bei einer Veranstaltung zusammenkommen. Das sei schwer nachzuvollziehen, meinte Bürgermeister Uwe Brockhausen (SPD). Das Bezirksamt soll bei der Senatsverwaltung tätig werden, lautete ebenfalls eine Forderung, die auch per Antrag formuliert werden soll.

Die Senatsverwaltung habe keine Kenntnis vom Inhalt des Vertrags zwischen der Neuen Nachbarschaft Moabit und den Bäderbetrieben, wurde von dort übermittelt. Sie sei aber in das Vergabeverfahren eingebunden gewesen und habe in diesem Rahmen auf das Veranstaltungsverbot wegen des Wasserschutzgebiets sowie naturschutzrechtliche Bedenken aufgrund des Landschaftsschutzgebiets hingewiesen. Eine Lösung sei deshalb unter diesen Anforderungen „durch die Betreiberin zu erarbeiten“. Nach ihrer Ansicht befindet sich die Senatsverwaltung aber derzeit in einem „konstruktiven Austausch“ mit der Strandbad Tegelsee gGmbH. Dabei gehe es darum „einen Weg zu finden, der den Ansprüchen des vorsorgenden Trinkwasserschutzes Rechnung trägt und einen wirtschaftlichen Betrieb des Strandbades ermöglicht.“

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 550× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 838× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 815× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.193× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.