„Wir wollen kein Museumsdorf“: Landwirtschaft und Landschaftsschutz in Lübars
Lübars. Der malerische Ortsteil gilt nicht nur als Berlins einzig erhaltenes Dorf. Dass auf 250 Hektar rund um die Lübarser Gehöfte Landwirtschaft betrieben wird, hat sich in 150 Jahren auch nicht geändert. Seit 1990 steht das nahegelegene Tegeler Fließ allerdings unter Schutz, was mit Auflagen für die Landwirte verbunden ist.
Die Mitglieder im Umweltausschuss der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung (BVV) konnten während ihrer jüngsten Zusammenkunft mal reichlich frische Luft schnappen: Die CDU-Verordnete und Lübarserin Ute Kühne-Sironski hatte den Ausschuss zu einer Kremserfahrt durchs Tegeler Fließtal eingeladen; Informationen über Land, Leute und Wirtschaft inklusive. Das Areal, auf dem sieben Lübarser Betriebe Futter für Pferde und Schafe anbauen – auf eigenen oder vom Bezirksamt Reinickendorf gepachteten Flächen – ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Etliche Auflagen gelten für die Felder; das Düngen und Spritzen beispielsweise ist verboten, Boden- und Getreideproben werden jährlich streng kontrolliert. Fördermittel gibt es nur, wenn die Werte absolut stimmen. Was das Leben für die Landwirte nicht immer einfach macht.
Zum Hintergrund: 126 Quadratkilometer Land entwässert das Tegeler Fließ, das über rund 14,5 Kilometer auch durch den Berliner Norden mäandert. Der zwischen Arkenberge in Blankenfelde und dem Tegeler See gelegene Abschnitt des Fließtals zählt zum europaweiten Natura 2000-Gebiet. Dieses Netz von Schutzgebieten etabliert die EU seit über 20 Jahren entsprechend der so genannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Ziel ist es, gefährdete Tier- und Pflanzenarten samt ihrer natürlichen Lebensräume zu schützen. Das Tegeler Fließtal ist nicht nur Biberheimat und Zwischenstation von tausenden Kranichen; elf der 13 in Berlin vorkommenden Amphibien- und Reptilienarten leben hier ebenso wie einige auf der roten Liste stehende Vogelfamilien. Deshalb umfasst das Natura 2000-Gebiet Tegeler Fließtal neben dem Landschaftsschutzgebiet rund um Lübars sogar zwei Naturschutzgebiete: die Niedermoorwiesen und das Kalktuffgelände im benachbarten Pankow.
Einige Auflagen sind nicht nachvollziehbar
„Wir Lübarser Landwirte leben und arbeiten mit den Auflagen“, sagte Ute Kühne-Sironski beim Ausflug durch Feld und Flur. „Das Land, die Natur – das ist unsere Heimat, mit ihr fühlen wir uns fest verbunden. Natürlich wollen wir, dass sie geschützt wird.“ Die Bezirksverordnete und Unternehmerin machte bei der Tour aber keinen Hehl daraus, dass manche Vorgaben und Vorhaben, die mit einem Schutzstatus einhergehen, für die Landwirte nicht ganz nachvollziehbar sind.
Der Reinickendorfer Stadtrat Martin Lambert (CDU), als Dezernent der Umweltabteilung mit Sitz im Grünausschuss und daher auch im Kremser, räumte beim Vorort-Termin ein, dass der Natur- und Landschaftsschutz die Interessen der Landwirte berücksichtigen müsse. Ein Museumsdorf solle Lübars nicht werden. „Das Dorf ist nur überlebensfähig, wenn die Menschen, die hier leben, auch ihre Einkommen erwirtschaften können.“ bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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