Projekt bringt Schülern den Rechtsstaat nahe
Gesetze als Schutz

Gesetze als Schlagwörter auf dem Boden und viele Fragen: Staatsanwältin Susanne Zissel im Campus Hannah Höch. | Foto: Christian Schindler
2Bilder
  • Gesetze als Schlagwörter auf dem Boden und viele Fragen: Staatsanwältin Susanne Zissel im Campus Hannah Höch.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Mit dem Senatsprogramm „WiR – Wir im Rechtsstaat“ sollten 2016 junge Geflüchtete mit dem deutschen Rechtssystem bekannt gemacht werden. Jetzt steht es auch allgemein für Schulen offen.

Susanne Zissel hebt auf ihre eigene Frage den Arm. Aber auch Schüler melden sich. Die Jugendstaatsanwältin Zissel wollte von Mittelstufen-Schülern der Gemeinschaftsschule Campus Hannah Höch an der Finsterwalder Straße wissen, ob sie schon mal gemobbt wurden. Dass die Mittelklassenrunde im Projekt „Wir im Rechtsstaat“ bei einem Thema ankommt, das gerade bundesweit in den Medien präsent ist, ist eher Zufall. Aber es hat eben auch mit Rechtsfragen zu tun.

Die Jugendstaatsanwältin schildert also kurz ihren eigenen Fall, der lange nach der Schule passierte. Sie kam in eine neue Abteilung, und wurde dort von den Mitarbeitern geschnitten. Man redete nicht mit ihr, von wichtigen Besprechungen erfuhr sie erst gar nicht. Bald wurde sie von einer Vorgesetzten angeblafft mit der aggressiven Frage, was sie denn den ganzen Tag überhaupt so tue.

Susanne Zissel holte sich Rat, erfuhr, dass sie es tatsächlich mit Mobbing zu tun hatte. Sie ging zu einem höheren Vorgesetzten, schilderte das Erlebte und wechselte in eine andere Abteilung. Geholfen hat ihr dabei ihre Qualifikation, gute Juristinnen werden überall gesucht.

Konkrete Tipps im Fall von Mobbing

Neben dem Hinweis, dass eine gute Ausbildung auch eine Hilfe gegen Mobbing sein kann, hat die Jugendstaatsanwältin dann auch sehr konkrete Tipps, als ihr Schüler von Mobbingfällen berichten. Da geht es um Beschimpfungen und Drohungen in Sozialen Netzwerken, aber auch um bearbeitete Fotos, die den Abgelichteten lächerlich machen sollen. Häufig kommen solche Angriffe von Fake-Accounts, bei denen sich die Täter nicht mit Klarnamen oder Adressen anmelden.

Doch die vermeintliche Anonymität ist kein Schutz für Menschen, die möglicherweise Kriminelles planen. Susanne Zissel berichtet von Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmung von Handy und Computern, wenn ein Verdacht gegen Jugendliche bestand, andere beschimpft oder bedroht zu haben. „Dann wird der Computer gründlich ausgewertet, und das kann dauern“, sagt Susanne Zissel. Von einer Referentin ließ sie einen Fall aufarbeiten, in dem ein Jugendlicher ein Mädchen zwingen wollte, ihm Nacktfotos zu schicken. Die Sache endete nach der Anzeige seitens des Mädchens mit einer öffentlichen Gerichtsverhandlung, in der die Nachrichten des jungen Mannes vorgetragen wurde, so wie auch seine eigenen intimen Fotos, die er dem Mädchen „zukommen ließ“, den Prozessbeteiligten gezeigt wurden. Selten habe sie einen Menschen sich so schämen gesehen, sagt Zissel. Der Prozess allein dürfte hier mehr künftige Abschreckung bewirkt haben als eine Strafe.

Nicht alles ist strafbar

Sie verweist aber auch auf den Graubereich zwischen dem, was erlaubt ist, und eindeutiger Kriminalität. Sich mit falschen Daten bei einer Kommunikationsplattform anzumelden, sei noch nicht strafbar. Allerdings müsse man sich fragen, warum man so etwas tue. Ein Fake-Account könne zum Einstieg in kriminelles Verhalten werden.

Die Diskussion ist schnell wieder bei dem, was Mobbing anrichten kann. Ein Schüler berichtet von einer Freundin, die dadurch in Depressionen verfiel. Ein anderer Schüler gibt sich cool: Erhalte er dubiose Nachrichten per Internet, blockiere er einfach den Absender. Und man glaubt dem trainierten jungen Mann auch, dass ihn eine Drohung von Angesicht zu Angesicht wenig beindrucken würde. Zumal er sich an Regeln hält: „Ich wäre schneller beim Lehrer als der andere.“

Damit gibt er das wieder, was Susanne Zissel vermitteln will: Gesetze bieten Schutz, man muss sie aber auch in Anspruch nehmen, zum Beispiel, indem man Lehrer oder andere Vertrauenspersonen anspricht.

Schulen können sich bewerben

Das Projekt „Wir im Rechstsstaat“ wurde 2016 entwickelt, um in Willkommensklassen junge Geflüchtete mit den gesetzlichen Grundlagen des Lebens in Deutschland vertraut zu machen. Inzwischen kann es von Mittelstufen aller Schulen gebucht werden. An den Campus Hannah Höch wurde es von der dortigen Schulsozialarbeit des Trägers Aufwind zusammen mit der gemeinnützigen Unternehmergesellschaft Lieblingskinder geholt. Informationen zu dem für die Schulen kostenlosen Projekt gibt es bei der Senatsverwaltung für Justiz unter 90 13 34 96.

Gesetze als Schlagwörter auf dem Boden und viele Fragen: Staatsanwältin Susanne Zissel im Campus Hannah Höch. | Foto: Christian Schindler
Staatsanwältin Susanne Zissel (links) im Gespräch mit Höch-Schülern. | Foto: Christian Schindler
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 1.820× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.479× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 2.108× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.473× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.372× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.