Kostümschätze im Atrium
Die Kleiderkammer einer Kulturfabrik

Bettina Holzapfel-Greven und Leiterin Claudia Güttner haben Einblick in den Fundus gewährt. | Foto: JoM
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Das Atrium am Senftenberger Ring 97 ist ein Ort der Selbstentfaltung und Kreativität. Es bietet Jugendlichen zahlreiche Möglichkeiten, sich künstlerisch auszutoben und Neues zu erproben. Und es beherbergt über 5000 teils historische Kostüme, die darauf warten, von Menschen mit Leben gefüllt zu werden. Berliner aus allen Bezirken können sie mieten.

Zwischen den Bauklötzen des Märkischen Viertels liegt ein dynamischer Gebäudekomplex. Ein besonderer Ort, in mehrfacher Hinsicht. Das Atrium ist die älteste Jugendkunstschule ihrer Art in Berlin und die größte in Deutschland. Es bietet Menschen von vier bis 26 Jahren eine Fülle von Möglichkeiten, sich künstlerisch zu betätigen. Das lässt die Persönlichkeit reifen, findet Claudia Güttner, die Leiterin des Hauses. "Kunst übt junge Menschen darin, Haltung zu entwickeln. Denn wer etwas ausdrücken will, muss erst einmal seinen eigenen Standpunkt kennen", sagt sie.

Ein Schwerpunkt der Arbeit ist seit Anbeginn das Theater. Regelmäßig finden große Aufführungen statt, teils Eigenproduktionen, teils von Partnern. Für die unterschiedlichen Themen, die dabei auf die Bühne kommen, ist das Haus mit seinem riesigen Fundus bestens gerüstet.

Bis unter die Decke des Lagers hängen und liegen die über 3000 Kostüme, die das Atrium bewahrt. Eine fünf Kilo schwere Kniebundhose aus dem Schillertheater findet sich dort etwa, ein gehäkelter Bikini aus den Zwanzigerjahren, aber auch originalgetreue Replikate barocker Gewänder, japanische Kimonos und schrille Tanzturnierkleider.

1986 kaufte der damalige Leiter des Atriums, der Lehrer und Theaterpädagoge Edgar Wilhelm, den Grundstock der Schneiderin Erika Theisen ab. Diese hatte zahlreiche Kostüme selbst genäht. Mit der Zeit kamen viele Spenden dazu. Immer wieder melden sich Menschen, die ihre Geschichte gewordenen Kleidungsstücke für Aufführungen zur Verfügung stellen wollen. Weil sie zu schade zum Wegschmeißen sind. Und weil sie von anderen Lebenswelten erzählen können.

Bettina Holzapfel-Greven, die selbst auch Kurse in textiler Gestaltung leitet, ist für den Fundus zuständig. Wenn Zeit ist, näht sie historische Kostüme nach. Besonders beliebt, sagt sie, seien opulente Kleider im Barockstil. Allerdings müssten alte Bestände regelmäßig angepasst werden: Die Menschen würden größer und Mädchen von heute reichten bodenlange Gewänder oft nur noch bis zu den Knöcheln. "Man merkt: Viele Jugendliche arbeiten ernsthafter, wenn sie ein Kostüm tragen", sagt Holzapfel-Greven. "Sie fühlen sich näher an der Rolle und ihr Stück bekommt mehr Bedeutung."

Sofern sie zu gemeinnützigen Zwecken eingesetzt werden, können die Kostüme von Menschen aus ganz Berlin gemietet werden. Günstig, zum Selbstkostenpreis, der Reinigung und Pflege beinhaltet. Der Fundus steht wie das Haus offen. Von Reinickendorfern aller Ortsteile wird das vielfältige Angebot aus Kursen und Veranstaltungen geschätzt. Und dennoch: Ein besonderes Anliegen ist es, ein positiver Bezugspunkt im teils schwierigen Sozialraum Märkisches Viertel zu sein.

Das zeigt sich auch programmatisch. Beim More Than Arts Festival, einer Initiative der Bettina-von-Arnim-Schule mit dem Atrium, werden Schüler aller Jahrgänge angeregt, sich Gedanken über ihr Viertel zu machen und diese dann künstlerisch umzusetzen. 2017, im Reformationsjahr, war die Kernfrage, wie das Märkische Viertel sich verändern sollte. Die Antworten darauf waren am Festivaltag präsentierte Installationen, künstlerische Aktionen, ein experimentelles Orchester, Theater – und unterm Strich die Erkenntnis: Eigentlich ist es doch ganz schön hier. "Wir wollen zur Identifikation mit dem Viertel beitragen. Immer noch hat es keinen guten Ruf und viele Schüler sehen es als Makel, hier zu wohnen. Es hat sich aber viel zum Positiven verändert", sagt Leiterin Güttner.

Vom 20. bis 22. Juni wird die Festivalreihe fortgesetzt. Diesmal geht es um die Frage: Wer sind WIR im Märkischen Viertel? Und was sind die Grenzen der Gemeinschaft?

Infos zum Atrium unter <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.atrium-berlin.de">www.atrium-berlin.de</a>, Fragen zum More Than Arts Festival gehen an <a target="_blank" rel="nofollow" href="mailto:kontakt@morethanarts.de">kontakt@morethanarts.de</a>. Die beliebtesten Stücke in der Ausleihe: opulente Replikate historischer Gewänder.

Autor:

Josephine Macfoy aus Schöneberg

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