In guter Obhut: Neues Projekt zugunsten Demenzkranker in Reinickendorf
Märkisches Viertel. In Reinickendorf gibt es jetzt erstmals Schutzräume für Menschen mit Demenz – Ergebnis einer Kooperation von Polizei, Bezirksamt und zwei Pflegeeinrichtungen. Das Projekt sorgt dafür, dass orientierungslos angetroffene Menschen künftig statt auf der Polizeiwache in einem angemessenen Umfeld versorgt werden.
Zahlen will sie nicht nennen – aber es komme schon oft vor, sagt Susanne Grosse, Polizeibeamtin in der Direktion 1: „Sehr häufig gehen in unseren Wachen Hinweise auf hilflose und offensichtlich an Demenz erkrankte Menschen ein, die allein auf der Straße umherirren.“ Bisweilen in Nachtwäsche, fast immer ohne Papiere und in der Regel nachts oder am Wochenende treffen die Schutzbedürftigen nach einem medizinischen Check im Humboldt-Klinikum dann in den Wachen der Polizeiabschnitte ein. Denn nur werktags in der Zeit von 8 bis 16.30 Uhr ist der sozialpsychiatrische Dienst erste Anlaufstelle in solchen Fällen.
Dass eine Wache kaum die richtige Umgebung für Menschen sein kann, die ohnehin ängstlich und verwirrt sind, wissen die Beamten. „So motiviert unsere Kollegen sind, ihnen fehlt ja doch die fachliche Ausbildung, um sich qualifiziert um die Betroffenen zu kümmern“, sagt Bernhard Kufka, Leiter der Polizeidirektion 1. Bislang war das Verfahren aber ohne Alternative. „Es kann eine Weile dauern, bis wir die Identität eines Menschen ermittelt haben“, erklärt Susanne Grosse. „Und so lange muss er dann eben bei uns bleiben.“
Seit zwei Jahren planen die Polizeidirektion 1 und das Bezirksamt Reinickendorf daher, so genannte Schutzräume für Menschen mit Demenz einzurichten. Nun konnten sie zwei Pflegeeinrichtungen fürs Projekt gewinnen und einen Kooperationsvertrag unterzeichnen. Die Alloheim Seniorenresidenz Märkisches Viertel und die Renafan GmbH Service Leben Tegel beteiligen sich – beide komplett ehrenamtlich. In Zukunft bringen die Beamten der Direktion 1 Frauen und Männer, die sie in Reinickendorf auffinden, nach dem Zwischenstopp im Humboldt-Krankenhaus in eines der beiden Heime. Dort können die Hilfebedürftigen bleiben, bis Identität und Wohnort geklärt sind – medizinisch und psychologisch betreut von Fachkräften. In eigenen Zimmern und mit warmem Essen versorgt, notfalls auch über Nacht oder tagelang. „Es gibt keinen festgelegten Modus“, sagt Jana Forreiter-Stief, Leiterin der Alloheim Residenz am Senftenberger Ring. „Hauptsächlich geht es darum, für die betroffenen Menschen ein geschütztes Umfeld zu schaffen. Bei uns sind sie in guten und qualifizierten Händen, und wenn sie sich wohl fühlen, fangen sie auch eher an zu erzählen. So können wir der Polizei vielleicht sogar bei der Ermittlung helfen.“
Der Reinickendorfer Stadtrat für Wirtschaft, Gesundheit und Bürgerdienste Uwe Brockhausen (SPD) bezeichnet das Schutzraum-Projekt als Herzensangelegenheit. „Es ist großartig, dass sich Alloheim und Renafan freiwillig und ohne jede finanzielle Unterstützung beteiligen. Ich würde mir wünschen, dass sich noch weitere Einrichtungen als Anbieter finden.“ bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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