Verlängerung der U8 in weiter Ferne? BVV will das Projekt noch nicht abhaken

Rund 38 000 Bewohner hat die Großsiedlung, die meisten wünschen sich einen eigenen U-Bahnhof im Märkischen Viertel. | Foto: Berit Müller
4Bilder
  • Rund 38 000 Bewohner hat die Großsiedlung, die meisten wünschen sich einen eigenen U-Bahnhof im Märkischen Viertel.
  • Foto: Berit Müller
  • hochgeladen von Berit Müller

Reinickendorf. Das Dauerthema „Verlängerung der U8 ins Märkische Viertel“ beschäftigte die Bezirksverordneten gleich in der ersten regulären Sitzung nach der Konstituierung. Grund: Im verkehrspolitischen Plan der rot-rot-grünen Berliner Koalition taucht das Projekt nicht auf, entgegen anderslautenden Wahlversprechen.

„Weiterbau der U8 wieder auf die Tagesordnung setzen“ lautete der Titel eines Dringlichkeitsantrags in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 9. November. Initiator war zwar die CDU-Fraktion – Sozialdemokraten und FDP schlossen sich aber direkt an. SPD-Fraktionsmitglied Maria-Angeles Eisele brachte die Angelegenheit auch gleich auf den Punkt: „Als wir 1968 den Mietvertrag für unsere Wohnung im Märkischen Viertel unterschrieben, versprach man uns, dass wir bald einen U-Bahnhof fast vor der Haustür haben würden. Damals war ich ein junges Mädchen. Inzwischen habe ich ein Enkelkind – aber immer noch keine U-Bahn-Station in der Nähe.“

In der Tat warten rund 38.000 Bewohner des Märkischen Viertels seit Jahren vergeblich auf einen Anschluss ans öffentliche Schienensystem. Am Bahnhof Wittenau, wo die U8 endet und die S-Bahnlinien 1 und 85 halten, quetschen sich täglich genervte Pendler in überfüllte Busse – um ein paar Hundert Meter ins Zentrum der Großsiedlung zu fahren. Oder umgekehrt. Dabei gab es bereits in den 1960er-Jahren konkrete Pläne, die U-Bahnlinie 8, die ursprünglich nur zwischen Neukölln und Gesundbrunnen verkehrte, bis zum Wilhelmsruher Damm in Höhe des Senftenberger Rings zu verlängern. Zunächst ging’s auch voran mit dem Tunnelbau. Über die Osloer- und Residenzstraße via Lindauer Allee bis hin zum Rathaus Reinickendorf eröffneten peu à peu neue Stationen. Zuletzt nahmen die Berliner Verkehrsbetriebe 1994 den U-Bahnhof Wittenau in Betrieb. Dann war Schluss. Zu hohe Kosten, die Folgen des Mauerfalls, andere Prioritäten – irgendwas war immer.

Die Reinickendorfer Kommunalpolitiker behielten das Projekt dennoch auf der Agenda, besonders in CDU- und SPD-Kreisen. Der Abgeordnete fürs Märkische Viertel Michael Dietmann (CDU) hatte noch in diesem Frühjahr Unterschriften für einen Antrag im Berliner Abgeordnetenhaus gesammelt, den die Koalitionsfraktionen SPD und CDU im Juni dann auch stellten und beschlossen. Damit war der Senat beauftragt, den Weiterbau der U8 ins Märkische Viertel zumindest zu prüfen. „Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel hat damals verkündet, dass man tätig werde“, sagte der CDU-Verordnete Eberhard Schönberg in der BVV am 9. November. „So nah dran waren wir noch nie.“ Dass im verkehrspolitischen Plan der neuen, rot-rot-grünen Regierung nun offenbar keinerlei Rede mehr vom Bauprojekt ist, wertet die CDU-Fraktion als Bruch eines Wahlversprechens. Schließlich habe auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei seiner Wahlkampf-Tour durch Reinickendorf signalisiert, das Bauprojekt ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Während die Reinickendorfer SPD-Fraktion die Kritik an den Parteigenossen im Senat nahezu protestlos hinnahm, warf Jens Augner von den Grünen ein, die CDU habe den U8-Weiterbau in den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung ja auch nicht in Gang gebracht. Seine Fraktion favorisiert inzwischen eine Straßenbahnlinie, die von Rosenthal durch den Wilhelmsruher Damm nach Spandau führt. „Natürlich ist der U-Bahn-Anschluss wünschenswert“, sagte Augner. „Aber wir müssen auch realistisch bleiben. Der Senat hat die U8 nicht auf der Prioritätenliste und wird die Verlängerung nicht angehen.“ Auch die Linksfraktion erteilte dem Dringlichkeitsantrag eine Abfuhr, sie hält die Tram-Idee für schneller umsetzbar und günstiger.

„Dem Bezirksamt wird empfohlen, gegenüber dem Berliner Senat auf den Weiterbau der U8 in das Märkische Viertel zu bestehen“ – so der Wortlaut des Antrags, der schließlich gegen die Stimmen der Linksfraktion - aber mit der großen Mehrheit von CDU, SPD, FDP und AfD beschlossen wurde. Die Grünen enthielten sich. bm

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 186× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 143× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 533× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.129× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.