Kleingärtner kämpfen weiter
„Morgengrauen“-Pächter beharren auf ihrem Ersatzanspruch
Die 100-Jahr-Feier im September 2021 konnte noch über die Wiese gehen, doch dann war Schluss. Die Kleingartenkolonie „Morgengrauen“ in Mariendorf ist Geschichte. Auf dem Areal der Lauben entsteht der Neubau einer Integrierten Sekundarschule.
Die Kolonie war zweigeteilt: 57 Gärten befanden sich an der Eisenacher Straße 53 und 17 am Wolfsburger Weg 13. Den Pächtern des größeren Teils wurde Ende November 2020 gekündigt, denen am Wolfsburger Weg ein Jahr später. Zum Unverständnis der Gärtner und des Vorsitzenden des Bezirksverbands Tempelhof Reinhard Schramm. „Die Lauben an der Eisenacher Straße hätten noch ein Jahr länger genutzt werden können“, sagt er. Denn trotz der Ankündigung vorbereitender Arbeiten sei nichts geschehen, die Anlage sei zusehends vermüllt, es habe Vandalismus gegeben. „Vor ein paar Tagen wurde endlich ein Bauschild aufgestellt“, erzählt Schramm. Auch die symbolisch aufgestellten Kreuze seien erst jetzt entfernt worden.
Das Hauptproblem: Der Bezirk hatte keine Ersatzflächen angeboten. „Dazu ist er nach dem Bundeskleingartengesetz aber verpflichtet“, sagt Reinhard Schramm. Bereits vor den Kündigungen hatten die Pächter Vorschläge gemacht, mögliche Standorte angeführt. In der Antwort der damals zuständigen Stadträtin Christine Heiß (Grüne) vom Oktober 2020 hieß es, diese Flächen seien zum Teil in Privatbesitz, kämen wegen anderer Nutzungen nicht infrage oder müssten noch auf ihre Eignung geprüft werden.
Auf eine neue Anfrage des Bezirksverbands vom September 2021 war zu lesen, es gebe „leider keine gravierenden Veränderungen“, die zuständigen Fachabteilungen arbeiteten aber weiterhin „zielführend“ an diesem Thema. Heiß verwies auch darauf, dass nach der Gesetzeslage die Gemeinde, also der Bezirk, Ersatzland bereitzustellen habe, es sei denn, „sie ist zur Erfüllung der Verpflichtung außerstande“. Glück im Unglück: Die meisten der „Morgengrauen“-Pächter konnten in anderen Kolonien untergebracht werden, berichtet Schramm, die meisten im Bezirk, einige auch in Neukölln und in Reinickendorf. Da sie gekündigt wurden, konnten sie auch dort trotz langer Wartelisten bevorzugt aufgenommen werden.
Zufriedenstellend sei das aber nicht, sagt Schramm. Der Bezirksverband wolle jetzt an die aktuell zuständige Stadträtin Saskia Ellenbeck (Grüne) herantreten und weiterhin für den Ersatzanspruch kämpfen. Unterstützung kommt vom Landesverband Berlin der Gartenfreunde in Form eines Schreibens des Verbandsanwalts. Dort heißt es: „Gelingt es der Gemeinde nicht, Ersatzland bereitzustellen, erlischt die Verpflichtung der Gemeinde nicht.“ Dass sich Grundstücke in Privatbesitz befinden, reiche als Begründung nicht aus. Auch anders genutzte Flächen seien zu prüfen. Eine Stellungnahme des Bezirksamts zum Thema war bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht zu erhalten.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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