75 unglaubliche Ehejahre: Kronjuwelen-Hochzeit für Lieselotte und Werner Zibell
Als sich Lieselotte (96) und Werner Zibell (97) am 22. Mai 1943 das Ja-Wort gaben, war der Zweite Weltkrieg noch in vollem Gange. Seit dem damaligen Tag ist das Paar, das noch immer in einer gemeinsamen Wohnung in Mariendorf lebt, unzertrennlich.
„So lange hält doch keine Ehe, sagt meine Masseurin“, amüsiert sich Lieselotte Zibell. Sie und ihr Mann jedoch sind der lebende Beweis, dass es möglich ist. Durchschnittlich hält eine Ehe in Deutschland heute 15 Jahre. Am 22. Mai haben die Zibells das Fünffache dessen erreicht. „Gegenseitige Sympathie und Fürsorge, Liebe, Vertrauen, Verständnis und dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, dass einer ohne den anderen nicht mehr leben möchte.“ Das sind die Dinge, so zählt Werner Zibell auf, die aus seiner Sicht entscheidend für ihre langjährige Ehe waren und sind. „Ansonsten habe ich kein Geheimrezept.“
An die Zeit, als sie sich zum ersten Mal trafen, hat das Paar noch gute Erinnerungen. Lieselotte Zibell erzählt von den Nächten, in denen die Bomben über Berlin abgeworfen wurden, und wie sie ihren Mann in dieser dramatischen Zeit über eine Schulfreundin kennenlernte. „Ich war eigentlich für meinen späteren Schwager vorgesehen, aber wir haben nicht zusammengepasst“, blickt sie zurück. Dessen Bruder Werner sei genau das Gegenteil gewesen. „Ruhig, sachlich, kein Angeber.“ Das, so erzählt Zibell, habe ihr gefallen. Am 22. Mai 1943 war es dann soweit. Um acht Uhr morgens ging es für das junge Paar zum Standesamt Kreuzberg, am Nachmittag folgte die kirchliche Trauung. „Mitten im Krieg sind wir mit einer schönen, weißen Kutsche mit Apfelschimmeln gefahren. Das Brautkleid hat mir eine Kollegin besorgt. Es war ja schwierig mit den Stoffen damals, aber das hat mir tadellos gepasst, auch mit dem Schleier“, hat Lieselotte Zibell sogar noch Details im Kopf.
„Wir waren jung und noch nicht so weitsichtig und ängstlich wie heute.“ Sie hätten geglaubt, dass der Krieg bald vorbei sei, erklärt Lieselotte Zibell den Zeitpunkt der Eheschließung. Die schwerste Zeit hatte das Paar jedoch erst noch vor sich, als Werner für die Wehrmacht als Infanterist kurz vor Moskau im Einsatz war. Sie habe große Angst um ihren Mann gehabt. Lieselotte arbeitete damals im technischen Büro von Siemens. „Ich habe vier Kollegen aus der Abteilung verloren. Die waren alle jung verheiratet. Das war furchtbar“, berichtet sie. Die Zibells aber hatten Glück. Werner überlebte den Krieg, obwohl er gleich dreimal verletzt wurde und eine Schusswunde im rechten Arm auch heute noch deutlich erkennbar ist.
„Wir sind bloß froh, dass wir noch zusammen sind“, sagt Lieselotte Zibell heute. Ihre Mariendorfer Wohnung, in der sie seit 41 Jahren im zweiten Stock leben, verlassen sie nur noch selten. Die Knie machen nicht mehr so mit. Dennoch schaffen sie bis jetzt alles noch alleine. „Ich möchte noch keine Fremden bei mir haben“, erklärt Lieselotte. Kinder haben die Zibells nie gehabt. Aus der Verwandtschaft sind nur noch ein Neffe und eine Nichte (79) am Leben. Am Tag der Kronjuwelen-Hochzeit wird die Nichte sie besuchen kommen. Zu diesem Ereignis, wofür das Paar jedoch nichts weiter plant, erhalten die Beiden Gratulationsbriefe des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. „Natürlich fühlen wir uns dadurch geehrt. Wir sind kleine Leute und ja nicht Besonderes“, sagt Lieselotte Zibell. Viele Berliner dürften das bei dieser Geschichte jedoch anders sehen.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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