Eine Stippvisite in der Probebühne der Staatsoper
Freitagmorgen, es nieselt, der Wind pfeift. Es ist ungemütlich. Die Bürgermeisterin ist trotzdem bester Stimmung und vor allem neugierig. Seit September 2013 ist die Staatsoper Unter den Linden Mieter mehrerer riesiger Hallen auf dem Schindler-Campus an der Ring-, Ecke Rathausstraße. Der Spielbetrieb findet momentan im Schillertheater in der Bismarckstraße statt, denn das historische Opernhaus wird für knapp 300 Millionen Euro aufwendig saniert. Die Probebühne zog nach Mariendorf.
Wir werden schon erwartet und vom Technischen Direktor der Staatsoper, Hans Hoffmann, persönlich in Empfang genommen. Er drückt einen Knopf und ein mächtiges Rolltor fährt hoch. Es geht durch eine große, weitgehend leere Halle zum nächsten Tor. Dahinter öffnet sich die Probebühne. Auf dem Boden entdecken wir für uns kryptische Markierungen, von der Decke hängen graue Plastikfolienstreifen herab. Hans Hoffmann erklärt, dass die Zeichen auf dem Boden die Standorte und Bewegungsabläufe der Sänger auf der richtigen Bühne markieren und von Produktion zu Produktion wechseln. "Die Plastikbänder ersetzen die Kulissen und werden an den entsprechenden Stellen heruntergelassen", sagt er.
Proben sind an diesem Morgen nicht angesetzt, da würden Besucher auch nur stören, wie uns der Technische Direktor diplomatisch vermittelt. Dafür erklärt er, welcher Aufwand betrieben und welche Tricks angewendet werden mussten, um vor allem die bühnengerechte Akustik hinzubekommen oder wie komplex das Probensystem überhaupt ist. Schließlich müssen pro Jahr jeweils acht Produktionen auf den beiden Probenbühnen in Mariendorf und im Schillertheater koordiniert und gestemmt werden. In Mariendorf ist übrigens gerade "Tannhäuser" mit etwa 130 Mitwirkenden in der Endphase. Die Premiere steht am 12. April im Schillertheater auf dem Programm.
Das nächste Rolltor fährt hoch. In einer Halle gefühlt von der Größe eines Fußballplatzes sind die unterschiedlichen Kulissen und Requisiten eingelagert. Hoffmann erzählt von dem ausgeklügelten System, um jeweils das zu finden, was gerade gebraucht wird. Die vollgestopften Regale reichen bis unter die Decke. Hier findet man einen kompletten Tannenwald mit Bäumen zum Zusammenstecken, Eisenbahnschienen aus Kunststoff sowie allerlei Dekoration und Mobiliar verschiedenster Epochen. Ein prächtiger, mit Samt bezogener thronähnlicher Sessel sticht der Bürgermeisterin sofort ins Auge. Vielleicht stellt sie sich vor, wie es wäre, wenn sie im Rathaus auf einem solchen Teil sitzen würde.
Aber es kommt noch schöner, als das nächste Tor aufgeht: In schier endlosen Reihen, jeweils zwei bis drei übereinander, hängen dicht an dicht zigtausende Bügel mit Kostümen. Und Angelika Schöttler kommt sofort ins Schwärmen und löchert Hoffmann mit Fragen nach Konfektionsgrößen, Moderichtungen und Änderungsmodalitäten. Fast scheint es, als wäre die Bürgermeisterin am liebsten gleich dageblieben, um alles anzuprobieren.
Aber am Ende ist ihr der Job im Schöneberger Rathaus doch lieber. "Politiker und Schauspieler haben ja bekanntlich viel gemeinsam. Aber hier müsste ich ja dann wohl auch noch singen und das lasse ich besser" sagt sie. Außerdem gibt es in den kommenden Wochen und Monaten im Bezirk noch viel mehr zu entdecken.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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