Sie erlebte noch die Kaiserzeit
Hildegard Arndt feierte ihren 104. Geburtstag
Als Hildegard Arndt am 27. August 1915 geboren wurde, tobte gerade der Erste Weltkrieg und Wilhelm II. war Deutscher Kaiser. Zu ihrem 104. Geburtstag, den sie in einem Pflegeheim im Westphalweg feierte, gratulierte auch Sozialstadträtin Jutta Kaddatz (CDU).
Als Geschenk brachte sie dem Geburtstagskind ein Buch über das Rathaus Schöneberg mit. Dieses wurde 1914 fertiggestellt und ist damit nur ein Jahr älter als die Jubilarin. Sie selbst wuchs als Kind in Steglitz auf, das erst seit 1920 zu Groß-Berlin gehört. „Ich werde oft gefragt, ob ich Berlinerin bin. Dann sage ich: Nein, ich bin Steglitzerin“, kommentiert sie fröhlich. Ab dem zwölften Lebensjahr wohnte sie in Kreuzberg am Kottbusser Tor. Ihr Mann Kurt, mit dem sie 73 Jahre verheiratet war, ist dort Bezirksverordneter gewesen. Seit er 2011 verstarb, wohnt Hildegard Arndt allein. Durch ein Foto über ihrem Sofa ist ihr Mann immer in der Nähe.
Inzwischen hat die Seniorin beinahe alle Menschen aus ihrem Umfeld überlebt. Von ihren fünf Schwestern, darunter Drillinge, ist keine mehr am Leben. Einer ihrer Söhne wurde nur 33 Jahre alt. Umso wichtiger ist für Hildegard Arndt daher ihr zweiter Sohn Reinhard (71). Er konnte für seine Mutter vor drei Jahren ein Zimmer im Haus Louise-Schroeder von Vivantes besorgen. Zwei- bis dreimal pro Woche kommt er zu Besuch. „Ihr Arzt ist immer begeistert. Sie ist topfit“, berichtet er. Sorgen um ihre Gesundheit macht sich Hildegard Arndt dennoch. Ein Stückchen Kuchen lehnt sie lieber ab – aus Angst vor Diabetes.
Ohnehin hat sie in ihrem Leben immer sehr auf sich geachtet. Vor allem gesunde Ernährung und viel Sport waren ihr stets wichtig. Sie liebte es, Walzer zu tanzen. „Mein Vater hat gesagt: Eine junge Frau muss tanzen können“, erzählt sie. Er habe sie damals auch in einer Tanzschule am Tempelhofer Ufer angemeldet. Gleich bei der ersten Tanzstunde lernte sie dort auch ihren späteren Ehemann kennen. „Ich bin ihn nicht mehr losgeworden“, scherzt Hildegard Arndt. Und mit 90 Jahren ist sie noch regelmäßig geschwommen. Das ist heute jedoch nicht mehr möglich.
Nur noch selten verlässt sie ihr Zimmer, obwohl sie gern häufiger an die frische Luft kommen würde. Ihr Alltag besteht meist aus Spielen wie Rommé und Bingo mit anderen Bewohnern. Im Fernsehen schaut sie am liebsten die Nachrichten. „Ich muss wissen, was los ist in der Welt“, meint die frühere Kontoristin. Vor Kurzem habe sie gelesen, dass die älteste in Deutschland lebende Frau 113 Jahre alt sei. Auf die Frage, ob es ein Ansporn sei, dies auch zu erreichen, antwortet sie: „Für mich nicht.“ Für die Zukunft wünscht sich Hildegard Arndt nur noch eines: „Dass hier endlich mal mehr Pflegepersonal hinkommt.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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