Vom Hundeklo zur echten Augenweide
Marion Schwarz hat die Corona-Zeit genutzt und ein Beet auf öffentlichem Land angelegt
Während der harten Pandemiebeschränkungen konnten viele Menschen mit ihrer Freizeit nicht viel anfangen und fühlten sich allein. Dass es ganz anders geht, beweist Marion Schwarz. Sie habe – außer vielleicht zu Jugendcliquen-Zeiten – noch nie so viele Leute kennengelernt, sagt sie. Der Grund ist das blühende Kleinod, das sie vor ihrer Haustür angelegt hat.
Doch so klein ist das Kleinod gar nicht, immerhin rund 30 Quadratmeter misst das Beet. Dort gedeihen heute Sonnenblumen, Mohn, Minze, Gladiolen, Dill, Kornblumen, Stockrosen, Kartoffeln, Mädchenaugen, Zinnien und vieles mehr. Die Fläche gehört aber nicht Marion Schwarz persönlich, sondern liegt auf öffentlichem Land, am Teltowkanal, unweit der Stelle, wo die Ullsteinstraße als Sackgasse endet.
„Schuld“ an der ganzen Sache sei ihr Mann, erzählt sie. Bis vor ein paar Jahren habe sie nämlich einen Schrebergarten gehabt, den sie dann aber abgeben musste. „Ich habe ihm dann ständig in den Ohren gelegen, wie traurig ich darüber bin. Irgendwann hat er gesagt: Geh doch in den nächsten Park und zupf dort Unkraut.“ Als die Corona-Krise plötzlich für ungewohnt viel Langeweile sorgte, nahm Marion Schwarz das verwilderte Stück Grünland direkt neben ihrem Wohnhaus in Augenschein – halb Müllkippe, halb Hundeklo. Also fing sie mit dem Aufräumen an.
„Die Resonanz war überwältigend“, sagt sie. Die Laubenpieper von nebenan schenkten ihr Pflanzensamen, die Nachbarn boten Hilfe beim Wässern an, und auch der Appell an die Kollegen in der Charité, Blumenzwiebeln und Samen beizusteuern, fand großartigen Widerhall.
Ein Tiefschlag folgte, als im vergangenen Jahr Bauarbeiter anrückten, um Kabel zu verlegen. Das Beet verkam zum Autoabstell- und Lagerplatz. „Immerhin lieferten sie neue Erde und spendeten zwei Koniferen, als sie fertig waren“, so Marion Schwarz. Also machte sie weiter. Inzwischen habe sich das Beet bestens entwickelt, findet sie. Bewusst hat sie Pflanzen ausgewählt, die wenig Pflege brauchen, trotzdem ist sie jeden Sonntagvormittag ein paar Stunden vor Ort, schaut nach dem Rechten, jätet, sammelt Samen ein und macht Ordnung. Und immer wieder bleiben Spaziergänger, Nachbarn, Kleingärtner und Passanten für ein Schwätzchen stehen, fachsimpeln oder bringen etwas vorbei.
Mehr Talken als Walken
Nach der Gartenarbeit folgt Marion Schwarz’ allwöchentliches Bewegungsprogramm im Grünzug am Kanal. Aber inzwischen sei sie so bekannt im Kiez, sagt sie, „dass es manchmal mehr Talken als Walken ist“. Das Engagement dient ihr übrigens auch als Ausgleich zu ihrem stressigen Job. Sie arbeitet als Chefsekretärin in der Notaufnahme und für die Innere Abteilung der Charité. Dort seien die vielen unvermeidlichen Kontakte – zum Pflegepersonal, zu Ärzten, Patienten, Handwerkern, Studenten, Lieferanten – während der Corona-Pandemie oft eher belastend.
In Sachen Grün hegt sie weitere Pläne. „Ich habe schon zwei Stellen ausgeguckt, wo ich im Frühjahr Margeriten, Mohn- und Kornblumen aussäen werde. Dort will ich keine regelrechten Beete anlegen, aber für Blumen auf den verwilderten Flächen sorgen“, erklärt sie. Das sei nicht nur eine Wohltat fürs Auge, sondern auch gut für Schmetterlinge, Insekten & Co. Ihr Wunsch: Wenn sie in ein paar Jahren ihre Walking-Runde dreht, will sie es links und rechts blühen sehen. Ihr zweiter Wunsch: möglichst viele Menschen, die es ihr nachmachen, sodass es vor den eigenen Haustüren ein wenig schöner wird.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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