Ganz besondere Zeitzeugnisse
Verlag Zeitgut veröffentlicht Bände zur deutschen Geschichte

Jürgen Kleindienst und Ingrid Hantke im Redaktionsraum des Zeitgut Verlags. Jeder der Bände erscheint in einer Startauflage von 4000 bis 5000 Exemplaren. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Jürgen Kleindienst und Ingrid Hantke im Redaktionsraum des Zeitgut Verlags. Jeder der Bände erscheint in einer Startauflage von 4000 bis 5000 Exemplaren.
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Der Klausenpaß ist eine ruhige Wohnstraße. In einem der Einfamilienhäuser ist ein kleiner Verlag zu Hause, dessen Bücher seit 20 Jahren Leser im ganzen Land finden. Ziel von „Zeitgut“ ist es, das gesamte 20. Jahrhundert in Deutschland mit Alltagserinnerungen nachzuzeichnen.

Zeitgut, das sind vor allem Ingrid Hantke (65) und Jürgen Kleindienst (75). Lektorin Hantke studierte einst Philosophie an der Humboldt-Universität und arbeitete bei einer Betriebszeitung. Kleindienst ist gelernter Verlagskaufmann, kümmert sich vor allem um die Auswahl der Autoren und wirtschaftliche Fragen. 1997 kamen sie auf die Idee, ein Buch mit Kindheitserinnerungen herauszubringen. Dazu starteten sie deutschlandweit einen Aufruf über die Presse. „Dann kam der Briefträger und brachte armevoll Manuskripte“, erinnert sich Hantke. Ein Jahr später erschien das erste Werk ihres neuen Verlags unter dem Titel „Gebrannte Kinder“. Danach habe sich das Ganze zum Selbstläufer entwickelt. Bis heute sind rund 1600 der mehr als 10 000 eingereichten Erinnerungstexte veröffentlicht worden. Zu lesen sind sie in 31 Zeitgut-Bänden, 84 Autobiografien unter dem Titel „Sammlung der Zeitzeugen“ sowie 13 Bänden der Reihe „Unvergessene Weihnachten“.

Zwei bis drei Monate dauert die Arbeit für einen Band. Dafür muss Ingrid Hantke zunächst die zahlreichen Einsendungen an Briefen, Tagebüchern, Dokumenten und Fotos sichten und ordnen. „Ich versuche immer, das Individuelle herauszuarbeiten“, sagt sie. Sie sucht Geschichten, die sie selbst spannend oder überraschend findet. Anschließend entscheidet sie, welche sie in die Bände aufnimmt. Der Schreibstil der Zeitzeugen bleibt erhalten. Als Lektorin streicht sie lediglich Wiederholungen heraus und nimmt gewisse Korrekturen vor, damit am Ende in sich geschlossene, gut lesbare Bücher entstehen.

Diese behandeln stets einen bestimmten Zeitraum beziehungsweise ein bestimmtes Thema, zum Beispiel NS-Diktatur, Nachkriegszeit von 1945 bis 1952 oder das Leben in der DDR. Eine Chronologie mit den wichtigsten Ereignissen wird am Anfang eines jeden Bands aufgeführt. Danach stehen die persönlichen Geschichten im Mittelpunkt, in denen die Verfasser aus der Ich-Perspektive ihre Erinnerungen schildern. „Die Bücher umfassen in der Regel 35 bis 50 Einzeltexte und geben eine bunte Mischung persönlicher Eindrücke wieder, die nicht nur Geschichtsinteressierte begeistern“, erklärt Hantke. Sie entdeckt bei ihrer Arbeit immer wieder aufs Neue packende Storys. Im Laufe der Jahre hat sie Tausende Kontakte gesammelt. Manche der Autoren bleiben ihr seit vielen Jahren treu. In den Büchern werden sie am Ende vorgestellt. Darunter befinden sich Lehrer, Journalisten, Sekretärinnen, kaufmännische Angestellte, Hausfrauen, Kindergärtner und Krankenschwestern.

Für dieses Jahr plant Ingrid Hantke, mit einem neuen Buch die Reihe „Unvergessene Weihnachten“ fortzusetzen. Der 32. Band der Reihe Zeitgut soll voraussichtlich 2020 erscheinen. „Ich kann mir keinen interessanteren Beruf vorstellen“, so die Lektorin. Weitere Infos auf https://www.zeitgut.com und in jeder Buchhandlung.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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