Spielplatzverbot wird eingehalten
Hauswart Ralph Eichberg sperrte bereits ab, bevor der Bezirk durchgriff

Ralph Eichberg handelte schnell. | Foto: Philipp Hartmann
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„So weit ich weiß, war das der erste Spielplatz in ganz Berlin, der dicht war“, sagt Ralph Eichberg. Er zeigt auf den Buddelkasten samt Rutsche, Klettergerüst und Tischtennisplatte im Innenhof. Rundherum weht rot-weißes Flatterband im Wind. Der Hauswart hat es selbst dort angebracht – zwei Tage, bevor der Bezirk den Beschluss dazu fasste.

Ein wenig Genugtuung ist aus seinen Worten herauszuhören. Er hatte schon geahnt, dass es so kommen würde. Am 16. März hörte er die Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Fernsehen. In ihren Leitlinien zur Bekämpfung des Coronavirus hatte die Bundesregierung an jenem Montag angeregt, die Spielplätze in Deutschland komplett schließen zu lassen. Ralph Eichberg nahm sich die Worte zu Herzen. Gleich am nächsten Morgen informierte er den Eigentümer und den Hausverwalter der Wohnanlage zwischen Westphalweg, Prühßstraße, Morsbronner und Illzacher Weg, für die er seit zwei Jahren als Hauswart zuständig ist. Anschließend fuhr er zum Baumarkt, kaufte eine Rolle Flatterband und ein paar Erdspieße und machte sich ans Werk. Gegen 11 Uhr war er fertig mit der provisorischen Absperrung der Spielfläche im Hof, die erst im Juni 2019 eröffnet wurde und mehr als 100 000 Euro gekostet hat. Außerdem brachte er ein Hinweisschild an. „Eine Mutter hatte da gerade mit ihrem Kind im Sand gespielt. Ich habe sie weggeschickt“, berichtet er.

Reicht ein Verbot?

Er handelte deshalb so schnell, weil er davon ausging, dass der Senat das Thema am selben Tag noch diskutieren und anschließend die Sperrung aller Spielplätze in der Stadt veranlassen würde. Für ihn konnte das nur die logische Konsequenz sein, denn in den Tagen zuvor hatte er mehrfach beobachtet, wie Kinder und Eltern auf dem Spielplatz viel zu eng zusammensaßen. „Doch da habe ich mich geirrt“, so Ralph Eichberg. Der Senat folgte der Empfehlung des Bundes nicht und verfügte am nächsten Tag, dass die Spielplätze weiterhin geöffnet bleiben dürften. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) begründete die Entscheidung damit, dass bereits sehr weitgehende Beschränkungen und Verbote verhängt worden waren. Die Spielplätze sollten nicht auch noch betroffen sein. Dennoch appellierte sie daran, dass die Kinder beim Spielen Abstand halten. Ralph Eichberg war, so sagt er, „richtig in Rage“, als er diese Aussage hörte.

Auch in den Bezirken dürfte die Senatorin vermutlich für Kopfschütteln gesorgt haben. Jedenfalls handelten diese einfach auf eigene Faust. „Kinder halten weder den empfohlenen Sicherheitsabstand von mindestens anderthalb Metern ein noch tragen sie Handschuhe beim Klettern oder Rutschen“, teilte Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck (SPD) mit, der einen Tag nach der Stellungnahme seiner Parteikollegin alle Spielplätze in Tempelhof-Schöneberg schließen ließ, wie es auch Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg taten. Mitte, Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf und Spandau hatten dies bereits am Vortag und damit als erste durchgesetzt. Am Freitag zogen dann noch die Bezirke Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Neukölln und Treptow-Köpenick nach.

Kinder halten keinen Abstand

„Auf den Spielplätzen treffen Gruppen aufeinander, die sonst nicht miteinander in Kontakt sind. Die Ansteckungsgefahr ist deshalb drastisch erhöht, die Streuwirkung im Falle einer Übertragung enorm. Ich bitte alle Eltern und Kinder um Verständnis und Akzeptanz für diese Entscheidung“, äußerte sich Oliver Schworck. Die Maßnahme gelte „bis auf Weiteres“, weil der Bezirk damit eine Reduzierung sozialer Kontakte als Beitrag für die Gesunderhaltung der Bürger beabsichtige. „Hut ab vor den Eltern, die sich daran halten“, meint Ralph Eichberg. Seit er die Absperrung angebracht hat, habe niemand gegen das Verbot verstoßen. Falls doch, würde er es mitbekommen, denn den Spielplatz hat er von seinem Balkon aus stets im Blick.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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